Dass Reichs, Autorin der Temperance Brennan-Romane, schreiben kann, wissen wir. Neben ihrer phänomenal erfolgreichen Serie versucht sie sich nun auch an ihrem ersten Jugendbuch – und legt, wie zu erwarten war, einen Pageturner hin.

Tory Brennan (14 und Nichte von Temperance) muss zu ihrem Vater, einem Meeresbiologen, nach Morris Island in South Carolina ziehen. Tory, hübsch und gscheit, ist aber nicht der Girlie-Typ, der mit anderen Mädchen kichernd herumhängt, sondern eher Forscherin und Abenteurerin. Mit drei Buben von der Insel erkundet sie die Umwelt – dabei stößt die Gruppe auf zweierlei: einen Wolfshund, den sie aus seinem Käfig befreien, der aber in einem illegalen Experiment mit Parvoviren infiziert wurde und seinerseits die Kinder ansteckt (obwohl das Virus nicht übertragbar sein sollte). Das führt dazu, dass sich die DNA der Jugendlichen verändert; sie können in Stresssituation zu „Virals“ werden, dh ihre Sinnesorgane werden ungeheuer geschärft, Schnelligkeit und Stärke vervielfachen sich.

Diese Fähigkeiten helfen ihnen bei ihrem anderen Fund – dem Skelett einer Sechzehnjährigen aus 1969, die offensichtlich gewaltsam ums Leben kam.

Nun, 40 Jahre später, versuchen sie den Fall zu klären und kommen dabei in höchste Bedrängnis.

All das wird – trotz der vielen Seiten – mit viel Tempo und mit vielen Twists erzählt, sodass „Virals“ das ideale Buch ist, um einen ganzen Regensonntag zu verbringen. Natürlich hält sich Reichs an bewährte Muster, aber als Erzähltalent ist sie um Klassen besser als viele ihrer „Mitbewerber/innen“. Erfreulich, dass ein Mädchen das Sagen hat, noch dazu eines, das selbst wenig mit Klischees anfangen kann. Noch erfreulicher, dass mit diesem Band rein theoretisch der Weg für eine ganz Serie eröffnet ist. Mit ein paar weiteren Bänden dürfen wir hoffentlich rechnen.

Razorbill 2010; pp. 454