The facts speak for themselves
Was für ein bedrückendes Buch – nicht zuletzt, weil eben (vorerst) nur die Fakten sprechen. In Lindas (13) Gegenwart wird ein Mann erschossen; kurz darauf richtet sich der Täter selbst. Linda hat – so erfahren wir im Rückblick – beide gekannt. der Erschossene hat sie missbraucht (ohne dass Linda ...
Was für ein bedrückendes Buch – nicht zuletzt, weil eben (vorerst) nur die Fakten sprechen. In Lindas (13) Gegenwart wird ein Mann erschossen; kurz darauf richtet sich der Täter selbst. Linda hat – so erfahren wir im Rückblick – beide gekannt. der Erschossene hat sie missbraucht (ohne dass Linda dies je so bezeichnen würde), der Täter war ein ehemaliger Liebhaber ihrer Mutter.
Linda ist bei Ordensschwestern untergebracht und schreibt für ihre Sozialarbeiterin ihre Lebensgeschichte auf: Die Mutter, offensichtlich von zu Hause ausgebrochen und stets erfolglos, kümmert sich kaum um sie, auch die Betreuung der zwei nachfolgenden Geschwister (von verschiedenen Männern) ist vorwiegend Lindas Sache. Das Buch führt uns zu den verschiedenen Stationen in Lindas Leben, in denen sie mehr als einmal Ausgrenzung erfährt, seltsamen Menschen begegnet und allmählich eine durchaus unkindliche Haltung entwickelt. Genau das ist auch der Ton des Buches: Eine Mischung aus Unschuld und Abgebrühtheit, aus Verzweiflung und geheimen Hoffnungen wird in einer lakonischen (und damit bisweilen auch sehr unerträglichen) Erzählweise dargeboten. Dass Linda, auf der Suche nach Zuneigung, zum Opfer wird, hat sie auch am Schluss des Buches nicht vollends begriffen.
Ich vermag nicht zu sagen, für wen und warum dieses Buch geschrieben wurde. Ist's ein Psycho-/Soziogramm? Soll es ein Blick in eine fremde Welt sein? Ist all das, was Linda und ihrer Familie widerfährt, möglich – ohne dass jemandem auffällt, welcher Grad der Verwahrlosung bereits erreicht wurde?
Wenn Sie das durchaus gut geschriebene Buch weiter empfehlen, sprechen Sie auf jeden Fall über diese Aspekte und darüber, welchen Lesewert das Eintauchen in eine Welt, die aus einer Hand voll Sozialarbeiterprotokolle zusammengesetzt scheint, denn tatsächlich hat.