The Garden
Die Schlange – sie repräsentiert Vernunft und Weisheit; ihr fällt es zu, Eva mit der Welt – und die Welt ist der Garten Eden – vertraut zu machen. Gott ist der Schöpfer, er hat sich Adam ausgesucht, wohl auch, weil er Adam für gottähnlicher hält. Dabei ist er das gar nicht, denn Adam ist ein net ...
Die Schlange – sie repräsentiert Vernunft und Weisheit; ihr fällt es zu, Eva mit der Welt – und die Welt ist der Garten Eden – vertraut zu machen. Gott ist der Schöpfer, er hat sich Adam ausgesucht, wohl auch, weil er Adam für gottähnlicher hält. Dabei ist er das gar nicht, denn Adam ist ein netter junger Mann, ein bisschen wie der tapsige 'high-school hunk', der nicht weiß, wohin mit seiner Kraft. Gott ist ein jähzorniger und selbstgefälliger Mann, der aber voll naiver Schöpferfreude steckt, sodass man ihm manches verzeiht. Und Gott will natürlich – und da wird er schon ein bisschen unsympathischer – dass man ihn anbetet und bewundert; und dass seine Kreaturen dies nach seinem Willen tun – innerhalb des paradiesischen Gartens. Einflüsse von außen schätzt Gott nicht.
Eines Tages ist es so weit: Adam und Eva treffen aufeinander; Adam in seiner physischen Welt gefangen, Eva voll Wissensdurst und Neugierde und Widersetzlichkeit. Allmählich freunden sich die beiden an, aber Gott ist ungeduldig. Er hat sich sehr bemüht, Sexualität für beide zum schönen Erlebnis werden zu lassen, und will das unbedingt ausprobiert sehen. Eva weigert sich und Gott drängt Adam zu einer Vergewaltigung. Für Eva beginnt in der Folge ein langer Heilungsprozess unter fürsorglicher Obhut der Schlange; mit ihr lernt sie nicht nur die Grenzen der Garten-Welt kennen, mit ihr überschreitet sie diese auch und lernt dabei die eigenen Möglichkeiten und Grenzen kennen. Von einer ihrer Reisen bringt sie Apfelsamen mit – und daraus wird letztendlich der Baum der Erkenntnis, an ihm reift ihr Entschluss, Gott und seinen Garten zu verlassen, die Sterblichkeit – und die Freiheit zu wählen.
Das ist ein schön erzähltes Buch, dem man vielleicht vorwerfen kann, dass es ein bisschen zu lange geraten ist, aber es wirft einen erfrischenden Blick auf die Schöpfungsgeschichte, nimmt ihr den männlichen Ernst und reduziert Gott ein bisschen auf die männliche Selbstgefälligkeit, die nicht zuletzt durch die Rippen-Geschichte sowieso offiziell zementiert ist. Aidinoff meint, sie habe kein feministisches Buch geschrieben – und ich gebe ihr gerne Recht. Eva ist einfach die Wissbegierige, die Kritische, und das auf eine sympathische Art. Und Adam hat eben andere Sorgen – zB mit den Gazellen laufen zu können; alles ganz legitim, alles ohne große Wertungen. Gott trägt natürlich den Zwist hinein, und selbst so ein weises Wesen wie die Schlange muss sich da immer wieder geschlagen geben. Ein Buch, über das sich viel reden lässt – vorausgesetzt, es unterziehen sich ein paar Leute der kleinen Mühe, es auch wirklich zu lesen. Und ein Buch, das ohne Zweifel aus der breiten Masse der Jugendliteratur heraussticht.