Grace
Den Trick hat Gleitzman ja auch schon mit Erfolg in „Once“ etc. angewendet – die Perspektive eines Kindes zu wählen, um einen tragische Geschichte zu erzählen.
Hier ist es Grace, die mit ihren beiden vierjährigen Brüdern und ihren Eltern in einer streng fundamentalistischen katholischen Sekte l ...
Den Trick hat Gleitzman ja auch schon mit Erfolg in „Once“ etc. angewendet – die Perspektive eines Kindes zu wählen, um einen tragische Geschichte zu erzählen.
Hier ist es Grace, die mit ihren beiden vierjährigen Brüdern und ihren Eltern in einer streng fundamentalistischen katholischen Sekte lebt. Großvater ist einer der Kirchenältesten und stößt sich, wie fast alle anderen, daran, dass Graces Vater das eigene Denken zu sehr befördert. Grace, tief gläubig, denkt gerne selbstständig und unterhält sich stets mit Gott – und so gut wie alle Gespräche gehen zu Gunsten Gottes aus. Als der Vater aus der Gemeinschaft verstoßen wird, will sie partout nicht verstehen, warum Gott es wollen sollte, dass eine Familie auseinandergerissen wird. Auf eigene Faust (und eine bisschen mit der Hilfe von „Outsiders“) versucht sie, ihren Dad wiederzufinden, und erlebt dabei, ob ihrer (religiösen) Naivität die haarsträubendsten Abenteuer, die darin gipfeln, dass sie sich einer Prüfung Gottes unterwirft und sich, wie Daniel, in einem Löwenkäfig wiederfindet.
Die Sekte versucht alles, den Vater fernzuhalten und Mutter und Kinder wieder „meek and obedient“ zu machen.
Wie in „The Chosen One“ wird heftige Kritik am Fundamentalismus geübt, aber diese Kritik kommt von einer liebenswerten und charmanten Protagonistin, die sich ihren Verstand bewahrt hat, auch wenn sie viele Dinge „missinterpretiert“, weil ihre religiöse Erziehung dazwischen steht. Das ist oft genug sehr komisch, sehr unterhaltsam, sehr spannend – und letztendlich auch tragisch, wenn man bedenkt, wie – graduell unterschiedlich zwar – Religion die Hirne wäscht. Ob all dieser Faktoren – ernsthaftes Thema, gut erzählt, leicht zu lesen – ist das ein Buch, das für Jugendliche vielleicht ein bisschen naiv wirkt, das sich aber durchaus als Klassenlektüre eignen könnte. Empfohlen!
Puffin 2010; pp. 167