The Astonishing Life of Octavian Nothing
Andersons komplexes Buch erzählt die Geschichte eines schwarzafrikanischen Jungen, der mit seiner Mutter, einer Prinzessin, nach Boston verkauft wird. Wir befinden uns etwa in der Mitte des 18. Jahrhunderts (Octavian ist 1775 etwa 16), am Vorabend des Unabhängigkeitskriegs. Doch davon ist anfang ...
Andersons komplexes Buch erzählt die Geschichte eines schwarzafrikanischen Jungen, der mit seiner Mutter, einer Prinzessin, nach Boston verkauft wird. Wir befinden uns etwa in der Mitte des 18. Jahrhunderts (Octavian ist 1775 etwa 16), am Vorabend des Unabhängigkeitskriegs. Doch davon ist anfangs nicht die Rede, denn Octavian und seine Mutter sind einer Gruppe von Aufklärern in die Hände gefallen, die mit der Durchführung des folgenden Experiments beauftragt wurden: Dem kleinen Octavian soll eine klassische Bildung vermittelt werden (er lernt u.a. Griechisch und Latein, spielt exzellent Geige) – ein zweifelhaftes Unterfangen, weil man natürlich annimmt, dem Wilden sei die Zivilisation verschlossen. Octavian entpuppt sich aber als überaus großes Talent, doch mittlerweile sind die Investoren eher an einem Ergebnis interessiert, das die Zweitklassigkeit der Schwarzafrikaner bestätigt. The Novanglian College of Lucidity (jene Forschergruppe eben) führt auch ein anders Experiment durch: Eine Gruppe von Schwarzen und Weißen wird mit dem Pockenvirus geimpft; bei diesem Experiment stirbt Octavians Mutter, er flieht vor seinen Peinigern, freundet sich mit einem Soldaten an, spielt für Soldatengruppe, bis er wieder gefangen genommen wird. Er kann erneut entkommen, doch sein weiteres Schicksal wird erst im zweiten Band zugänglich gemacht werden.
Anderson hat offensichtlich ordentliche Recherche-Arbeit geleistet und ein nicht einfach zu lesendes Buch geliefert, das sich als eine Ansammlung von unterschiedlichen Dokumenten gibt, die vom Autor gesammelt worden sind. Dabei wird einigermaßen konsequent der Sprachduktus des 18. Jahrhunderts verwendet, in den sich Jugendliche ganz bestimmt erst einlesen müssen. Ist das aber einmal geschafft, so wird jede/r historisch Interessierte mit einem interessanten und sehr kunstvoll geschriebenen Roman belohnt, der auch an Spannung wenig zu wünschen übrig lässt. Anderson zeigt sehr geschickt, wie lange es dauert, bis Octavian seinen eigentlich Status begreift, wie selbstherrlich das weiße Denken ist, wie Menschen verachtend die Experimente sind, die fast schon eine Karikatur von Wissenschaftlichkeit sind. Jedenfalls können wir alle gespannt auf den nächsten Band sein, der sicher noch das eine oder andere Geheimnis lüften wird.