Was Gleitzman in "Once" (2006) so fulminant begonnen hat, das setzt er kongenial in diesem Buch fort – mit allem Schrecken, aller Tragik und all dem (unfreiwilligen) Humor, der sich durch die Perspektive ergibt.

Felix (10) und Zelda (6) sind weiterhin auf der Flucht, entkommen nur knapp einem Massaker an jüdischen Kindern und finden schließlich bei einer Bauersfrau (Genia) Unterschlupf. Die mag zwar keine Juden, aber sie mag Kinder. Und Nazis hasst sie.

Felix und Zelda müssen umlernen – sie müssen Wilhelm und Violetta werden. Das fällt ihnen nicht besonders leicht, vor allem Zelda kann ihre Rolle nicht durchhalten. (Sie beharrt auch oft genug auf ihrem "Don't you know anything?") Am laufenden Band bieten sich Gefahren dar, polnische Kollaborateure und Nazis sind allgegenwärtig. Und es wäre auch ein Märchen, würde alles gut gehen…

Gleitzman zeigt einerseits die unglaubliche Brutalität, mit der gegen Menschen vorgegangen wird, zeigt auch die Feigheit und Gier, die so viele beherrscht, aber er setzt andererseits jenen Menschen ein Denkmal, die unter größtem Risiko den Verfolgten geholfen haben.

Wie schon in "Once" besticht das Buch durch die Erzählperspektive. Der zehnjährige Ich-Erzähler braucht (ebenso wie seine sechsjährige Begleiterin) viel mehr Zeit, um Dinge zu durchschauen, beide nehmen das Geschehen oft anders wahr, interpretieren es falsch und sind dadurch zusätzlichen Ängsten und Hoffnungen ausgesetzt.

Oft heißt es ja, dass Fortsetzungen im Vergleich zum ersten Band abfallen – hier gilt das mit Sicherheit nicht. Mit Boyne, Zusak und Gleitzman sind wir endlich bei einer undidaktischen, dafür aber umso realistischeren und packenden Darstellung der Nazizeit im Bereich der Jugendliteratur angekommen. Höchste Empfehlung!