The Other Side of Truth
Naidoos Roman ist mit dem Nestl Smarties Silver Award 2000 (von Kindern vergeben!) und der Carnegie Medal ausgezeichnet worden, nicht so sehr, weil es ein großartiges Jugendbuch ist, sondern weil es die adäquate Form der Darstellung eines politisch wichtigen Themas ist: der Vertreibung aus dem e ...
Naidoos Roman ist mit dem Nestl Smarties Silver Award 2000 (von Kindern vergeben!) und der Carnegie Medal ausgezeichnet worden, nicht so sehr, weil es ein großartiges Jugendbuch ist, sondern weil es die adäquate Form der Darstellung eines politisch wichtigen Themas ist: der Vertreibung aus dem eigenen Land.
Der Roman beginnt mit einem Knalleffekt: Die Mutter von Sade (13) und Femi, Gattin eines kritischen nigerianischen Journalisten, wird erschossen - eigentliches Angriffsziel ist natürlich der Ehemann, der gerade einen Artikel zum Tode von Ken-Saro Wiwa geschrieben hat. Eilends werden die Kinder außer Landes geschmuggelt, doch als sie in London eintreffen, ist niemand da, der sie in Empfang nimmt, denn ihr Onkel Dele musste selbst untertauchen. Sade und Femi landen bei der Flüchtlingsbetreuung und kommen schließlich bei einer Familie unter; in der Schule muss Sade allerdings erfahren, dass Sicherheit und Geborgenheit im fremden Land nicht zu haben sind. Während sich Femi völlig abkapselt, versucht Sade die Untiefen und Tücken des Alltags zu bewältigen. Endlich meldet sich der Vater, dem die Flucht gelungen ist, doch er sitzt in Schubhaft. Sade beginnt um ihn zu kämpfen, sie wendet sich an die BBC, Freunde ihres Vaters organisieren Kundgebungen, und das Blatt könnte sich letztendlich doch zum Guten wenden.
Naidoo hat natürlich vergröbert und verkürzt, aber genau das erzielt natürlich bei Jugendlichen nachhaltige Wirkung, die einfach mit Sade mitleiden können und gleichzeitig etwas über politische Willkür und Verfolgung erfahren. Dadurch, dass Sades Schicksal sich nicht im fernen Land, sondern in England entscheidet, ist noch größere Empathie gewährleistet. Naidoo versteht es dabei ausgezeichnet, die Balance zwischen dem Schweigen (das keine Form der Verbocktheit, sondern eine Form der Bewältigung des Schrecklichen ist) und dem 'Aufbegehren' zu finden. Auch wenn wir also dem Klischee begegnen (Kevin, der Klassenkamerad, der Ausländer ablehnt; die besonders verständnisvollen Sozialarbeiter/-innen etc.), so wird uns mit Sades Schicksal ein Einblick in ein Leben geboten, der uns sicher gefangen nimmt und berührt.