Wirklich verwunderlich, dass das allseits beliebte courtroom drama, eine amerikanische Gattung par excellence, bislang so wenig Eingang in die Jugendliteratur gefunden hat. Eine abgespeckte Grisham-Variante mit entsprechend viel human interest müsste sich unter Garantie verkaufen ...
Metzger versucht dies mit dem vorliegenden Buch, und es wird ihr auch gelingen, eine entsprechende Anzahl an Lesern/-innen zu finden, auch wenn sie gar zu viel zusammengemixt hat, um eine Erfolgsstory zu landen.
Die sechzehnjährige Ellen hat einen Bruder, Barry, der infolge eines Geburtsschadens an cerebral palsy leidet. Für etwa elf Minuten funktionierte die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn nicht, und nun, Jahre später, steht der verantwortliche Arzt vor Gericht. Vertreten wird Barry vom berühmten Anwalt Jack Frazier, der den Fall inszeniert und zelebriert. Soweit, so spannend. Wir hören uns Anklage und Verteidigung an und sind tatsächlich gespannt, für wen sich die Geschworenen entscheiden werden. Der Fall ist auch hinlänglich realistisch, ohne allzu viel Schwarz-Weiß-Getue, geschildert. Zu allem Unglück baut aber Metzger noch einen crush ein. Ellen verliebt sich in den 45-jährigen Anwalt und träumt von gemeinsamer Zukunft. Das sorgt für ein paar recht unterhaltsame Fantasien, weil die Sicht der Ich-Erzählerin diese 'Beziehung' bestimmt, aber von dramaturgischer Notwendigkeit ist die Sache nicht. Das Buch ist trotzdem insgesamt durchaus lesenswert, vor allem, wenn man es von einer Gruppe lesen lässt, die dann in der Klasse die unterschiedlichen Sichtweisen präsentiert, eventuell das courtroom drama sogar für die Mitschüler/-innen darstellt und sie die Jury spielen lässt.