Ask the Passengers

Man sollte ja nicht glauben, dass es im 21. Jahrhundert immer noch ein weltbewegendes Thema ist, welche sexuelle Orientierung ein Mensch hat. Zugegeben, Vierzehnjährige sind gerne homophob, Pseudomachos und Hinterwäldler auch (wobei ich so manchen dieser Machos dann beim Schwulen- und Lesbenfilmfestival getroffen habe).

Wie auch immer – Kleinstadtamerika scheint nicht nur homophob, sondern dabei gleichzeitig bösartig zu sein.

Wir lernen die ungeheuer sympathische Astrid Afton kennen, die mit ihrer Schwester Ellis, ihrem Vater (Kiffer) und ihrer Mutter (Kontrollfreak) in eben so einer perfekten Kleinstadt lebt. Astrid führt ein relativ normales Leben, seltsam ist vielleicht, dass sie gerne im Garten liegt, Flugzeuge beobachtet und dabei den Passagieren ihre Liebe schickt. Bis sie sich eines Tages selbst verliebt – in Dee, die zwar in eine andere Schule geht, beliebt im Hockey-Team ist und mit Astrid in einer Shrimps-Fabrik so nebenher jobbt. Dee ist draufgängerisch, Astrid unsicher, denn sie ist sich noch nicht darüber im Klaren, was sie eigentlich will. Und sie fordert Zeit – und das heutzutage, wo man doch schnell zur Sache kommen will. So auch Jeff, den sie datet, damit sie a) Ruhe von ihren Eltern/Mitschülerinnen/Mitschülern hat, die einen festen Freund erwarten und b) damit sie ihrer Freundin Kristina (lesbisch) und deren Freund Justin (schwul) ein Treff-Alibi geben kann.

Eines Tages fliegt alles auf – und obwohl Astrid nur des Alkoholkonsums in einer Schwulenbar beschuldigt wird, beginnt der Spießrutenlauf. Kristina verrät sie ganz einfach, um die eigene Haut zu retten, und die Mitschüler/innen erweisen sich als ein Bündel von Bosheit und Dummheit. In all dem Trubel, in dem Astrid ziemlich allein dasteht, versucht sie sich selbst und ihre Position in der Gemeinschaft zu finden. Das liest sich aufregend, berührend, spannend, witzig – aber das ist noch nicht alles. King baut einen Philosophiewettbewerb ein, in dem es vor allem um Sokrates geht (und Astrid erfindet sich auch gleich einen Ratgeber: Frank S.), in dem aber auch die ‚belief systems‘ der Zeitgenossen abgeklopft werden. Und zwischendurch liegt Astrid eben im Garten und starrt in den Himmel – von dort kommen ein paar zusätzliche Geschichten, in denen es um Beziehungen geht.

All das ist auch sehr ansprechend, in einer angemessenen und pointierten Sprache geschrieben, aber was wirklich bleibt ist die Erkenntnis: sich finden braucht Zeit. Und egal, was da nun an Genehmem oder Nicht-Genehmem herauskommt, diese Zeit sollte man den Suchenden geben. Äußerst lesenswert!

Little, Brown & Company 2012; pp. 293

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
04.03.2013
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/yan-young-adult-novels/identitaet/detail/ask-the-passengers.html
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