London 1876. Wir lernen Hetty Feather kennen, die eigentlich als Sapphire geboren wurde, aber von ihrer Mutter aus reiner Not in ein Heim für Findelkinder gesteckt wird, von dort, weil das kleine rothaarige, wilde Mädchen als schwierig gilt, für ein paar Jahre zu einer Pflegefamilie kommt, um dann, mit sechs, wieder ins Heim gebracht zu werden. Dort werden die Buben und Mädchen bis 14 erzogen, um dann entweder Soldat oder Dienstmädchen zu werden.

Hetty ist mit ihrem Schicksal nicht einverstanden. Wie alle Pflegekinder will sie nicht von der Pflegefamilie weg, hat sie doch eine ganz besonders nette Pflegemutter. Zurück im Heim gilt sie als widerborstig, findet nur wenige, die zu ihr halten, eckt immer wieder mit Matron an und beschließt schließlich, mit elf, zu fliehen und sich auf eigene Faust durchzuschlagen. Wilson lässt ihre Protagonistin dabei durch eine Dickenssche Unterwelt reisen, bevor die Rettung, unrealistisch wie im viktorianischen Roman üblich, endlich naht und das Ende allerlei Hoffnung verspricht.

Wilson hat ihre Aufgabe bravourös wie immer erledigt. Vielleicht ist das Buch ein bisschen zu lang geraten, aber wenn wir viktorianisch denken, dann passt das schon. Vielleicht ist Hetty ein zu starkes Mädchen für ihre Zeit, aber das soll ja in ein heutiges Jugendbuch auch miteinfließen. Wilson hat jedenfalls gut recherchiert, wie immer spannend erzählt und ihr Œuvre um ein weiteres lesenswertes Buch vergrößert. Auch wie immer: Nick Sharratt sorgt für kongeniale Illustrationen.

Doubleday 2009; pp. 394