Singer wurde schon für ihr Buch "Feather Boy" (auf Deutsch auch bei dtv) gepriesen und ausgezeichnet, und mit "Dolls" legt sie erneut ein interessantes Buch vor, das nicht unbedingt neue Themen enthält, aber eine eigene Erzählqualität aufweist.
Tillys Mutter, eine Marktfahrerin (sie verkauft Puppen), ist offensichtlich tot, und Tilly muss sich mit den neuen Lebensumständen erst zurecht finden. Zum Vater, einem Restaurantbesitzer, will sie keinesfalls, daher bleibt sie bei der Großmutter.
Vermächtnis der Mutter ist eine Puppe, von Tilly geliebt, von ihrer neuen Bekanntschaft, dem adoptierten Jan, eher gefürchtet. Jan, der aus Chile stammt und darunter leidet, dass seine Mutter ihn weggeben musste, damit sie sein Überleben sichern konnte, spürt, dass von der Puppe Böses ausgeht.
Allmählich verschiebt sich die erzählte Welt ein bisschen: Tilly ist eine unzuverlässige Erzählerin, ihre Umgebung hält sie für ein wenig verrückt, zumal alle zu wissen scheinen, dass ihre Mutter nicht tot ist, sondern (wieder einmal) auf Alkoholentzug.
Mit Jans Hilfe stellt sich Tilly langsam der Wirklichkeit, und im Zuge dessen werden gleich ein paar weitere Lebenslügen bereinigt. Aber auch Jan macht einen entscheidenden Schritt zur Selbstfindung, sodass im Endeffekt so ziemlich alle Charaktere ein Stück vorangekommen sind.
Das mag vielleicht ein bisschen pathetisch klingen, ist aber gekonnt erzählt und erhält vor allem durch den Kunstgriff mit der Puppe (wie bei Brentano) fast eine Wendung ins Unheimliche. Es zahlt sich offensichtlich aus, Nicky Singers Schaffen weiter zu verfolgen.