Keir Sarafian ist ein guter Mensch. Sagt zumindest er: "You could ask pretty much anybody and they will tell you. Rock solid, Keir. Kind of guy you want behind you . . . Loyal, polite. Funny. Good manners. He was brought up right, that boy was." Wir würden ihm das auch gerne glauben, wenn da nicht Gigi Boudakian, seine Freundin seit jeher, wäre, die behauptet, er habe sie vergewaltigt, eine emotionale Notsituation ausnützend (Gigis Freund war nicht zu ihrer 'graduation' erschienen…). Keir zeichnet ein Bild von sich: geachtetes Mitglied des "Football-Teams" (wo man ihn Killer nennt), einer, der gerne zu Hause sitzt, mit seinem Vater redet und ein paar Bier trinkt, einer, der Gigi abgöttisch liebt, auch wenn diese Liebe nicht so, wie er es sich wünscht, erwidert wird. Einer der keiner Fliege etwas zu Leid tun könnte, schon gar nicht seiner geliebten Gigi…

Wie gesagt: ein sympathischer Bursche. Wenn da nicht die Welt der anderen Behauptungen wäre. "The way it looks is not the way it is" heißt es zu Beginn des Romans, und noch sind auch wir davon überzeugt; erst allmählich merken wir, an was für einen extrem subjektiven (und unzuverlässigen) Erzähler wir geraten sind. Die vielen netten Geschichten, die uns Keir erzählt, sollen uns ablenken. Tun sie auch, sogar bis zu dem Grad, an dem man sich fragt: Was ist nun eigentlich? Das mag sich etwas hinziehen, das hat auch seine logischen Brüche, aber es hebt das gelungene Ende umso mehr hervor. Keir selbst kratzt an seiner Wahrheit, indem er uns wissen lässt, was Gigi sagt. Und sein Warten am Schluss mag eine erste Einsicht sein… Aber wirklich verstanden hat er seine und Gigis Geschichte nicht.

Das Buch erfordert einigermaßen genaues Lesen, ist also kein Jugendbuch zum Runterschlingen. Dann aber liefert es exzellenten Diskussionsstoff.