Strasser, besser bekannt als Morton Rhue ("The Wave"), nimmt sich in diesem Buch des Themas Gewalt in der Schule an; er hat - angeregt durch verschiedene Schießereien an Schulen, besonders jene von Littleton, Colorado (1999) - das Psychogramm zweier Jugendlicher, die eine fiktive High School (Middleton) besuchen erstellt. Gary und Brendan gehören nicht zu den Football-Spielern, sind nicht populär, sind Zielscheibe von Spott, Hohn und tätlichen Übergriffen. Die Lehrer/-innen spielen z.T. das Spiel mit, z.T. schauen sie einfach weg. Eines Tages sehen Brendan und Gary keinen anderen Ausweg als Rache für alle Demütigungen zu nehmen; schwerbewaffnet ziehen sie zur Tanzveranstaltung der High School.
Strasser hat das Psychogramm der beiden, das Soziogramm der Schule (und der amerikanischen Gesellschaft) geschickt angelegt. In kurzen Statements aller (in)direkt Beteiligten erfahren wir, wie Gary und Brendan sich selbst sehen, wie andere sie sehen; gleichzeitig spickt Strasser sein Buch mit Fußnoten über (Waffen)Gewalt in den U.S.A. Dies mag ein Didaktisierungs-Schritt zu viel sein, aber für sich genommen sprechen diese Anmerkungen eine beredete Sprache: Eine waffennärrische und bigotte Gesellschaft heuchelt eifrig vor sich hin.
Strasser hat ein amerikanisches Buch geschrieben, will sagen, er hat sein Material so gründlich aufbereitet, so nachhaltig didaktisiert, dass fast der sog. pädagogische Effekt eintritt: Man wird des belehrenden Zeigefingers ein bisschen müde. Dennoch ist das Buch bestimmt ein Renner (auch die deutsche Ausgabe, die bereits bei Ravensburger erhältlich ist), weil Strasser auf Schuldzuweisungen verzichtet und jugendlichen Leserinnen und Lesern ein ziemlich differenziertes Bild bietet. Wer also das Thema Gewalt behandelt, wird an diesem Buch - bei all seinen Schwächen - wohl kaum vorbei können. (Vgl. zu dem Thema auch Koertges "The Brimstone Journals.")