Die neue Wilson nimmt sich – in der gewohnten Mischung aus Komik und Tragik – zweier Themen an. Wie ergeht es Außenseitern in der Schule? Was passiert, wenn ein Mädchen einen crush für einen Lehrer erlebt – und dieser sie nicht sofort zurückweist?

Prudence ist 15; sie und ihre jüngere Schwester Grace sind einem tyrannischen Vater (kauziger Buchhändler von Beruf) und einer schwachen Mutter mit Gewichtsproblemen ausgeliefert. Der Vater unterrichtet die beiden Mädchen zu Hause, hält sie fern von McDonald's und Fernsehen, von Mathematik und Freizeitvergnügen. Die talentierte Pru will unbedingt eine Kunstschule besuchen, doch auch davon hält der Vater nichts; als er jedoch eines Tages einen Schlaganfall erleidet und ins Krankenhaus muss, werden die Schwestern eingeschult. Während sich Grace schnell zurechtfindet, ist Pru unglücklich. Zielscheibe des Spotts, verfolgt von Mädchen, weil einer der Jungs (Toby) ihr nachläuft, findet sie nur Trost im Unterricht des Zeichenlehrers Raxberry, von allen Rax genannt. Der ist in der Schule unkonventionell, zu Hause aber ein Familienvater, auf dessen zwei kleine Kinder Pru bald aufpassen wird. Rax bringt sie nach dem Babysitten nach Hause, und eines Abends gesteht ihm Pru unverblümt ihre Liebe. Rax scheint von ihr ebenfalls fasziniert – und nun beginnt eine rasante Erzählung, in der Wilson zahlreiche Dinge unter einen Hut bringen muss: den kranken Vater, die verbotene Liebe, die finanziellen Sorgen, den möglichen Skandal – vor allem aber die Zukunft eines fünfzehnjährigen Mädchens, sympathisch und ein bisschen seltsam, wie fast alle von Wilsons Heldinnen. Natürlich geht das nur mit ein paar erzählerischen Tricks, aber Wilson wäre nicht Wilson, würde sie ein "And they all lived happily ever after"-Ende schreiben.

Wie immer zeigt sie sich als sichere Erzählerin, die gekonnt Spannung aufbaut und den richtigen Ton findet; und die nie ihre Charaktere in tiefster Verzweiflung zurücklässt, auch wenn sie oft genug verzweifelt sind. Kein Wunder, dass ihr Fanklub (zu dem ich mich auch rechne) jedes Mal begierig auf die neue Wilson wartet.