Clean
Autor DAWSON, Juno
Verlag Quercus 2018
Nicht schon wieder ein Drogenroman, mag man sich denken. Aber dann stellt sich bald heraus – dieser ist anders: Juno Dawson (als James geboren), Expertin für Gender-Fragen und LGBT, schafft es geradezu ein Buch zu schreiben, das mit der romantischen Ironie garniert ist.
Sobald Zuckersüßes auftauchen könnte, wird ordentlich Ironie und Sarkasmus darübergegossen. Und letztendlich bleibt: Life is a struggle.
Der Lebenskampf ist der durchaus sympathischen Protagonistin eher fremd: Alexandra „Lexi“ Volkov (17) ist Tochter aus reichstem Haus; der aus Russland emigrierte Papa besitzt mehrere Hotels, darunter auch in London, wo Lexi mit ihrem Bruder eine Penthouse-Suite bewohnt. Lexi muss nichts anderes tun, als so Paris Hilton-mäßig bei social events dabei zu sein, ansonsten aber lässt sie sich mit ihrem Freund Kurt mit Drogen volllaufen und vollpumpen. Bis ihr Bruder sie eines Tages, als sie fast oded wäre, auf eine Insel in eine exklusive Privatklinik bringt. Dort wird sie, unter lauter ziemlich kaputten, aber durchaus ebenfalls sympathischen Typen 70 Tage verbleiben.
Wir lernen dabei alle Arten von Abhängigkeit (Drogen, Sex, Essen…) kennen, und Lexi merkt bald, dass ihr Schicksal weder ein Einzelschicksal ist noch mit unmäßigem Reichtum zu tun hat. Das sind die Momente, wo man in den Kitsch abrutschen kann: Hat Daddy mich zu wenig geliebt? War die Scheidung der Eltern schuld? Ist die wahre Liebe noch nicht gefunden? Wie viel Schuld habe ich auf mich geladen.
Aber Dawson macht es ihren Charakteren nicht so einfach. Und immer dort, wo es rührselig werden könnte, kommt eine Portion Zynismus. Verkündet jemand eine Lebensweisheit, sagt Lexi garantiert „Thank you, Oprah.“ Und fällt ihr einmal selbst eine g‘scheite Sentenz ein und wird sie darauf angesprochen, dann meint sie lapidar: „I’ve read a John Green novel.“ Kurzum, Lexi ist eine Protagonistin, die bei den Leserinnen und Lesern sicher gut ankommt – nicht zuletzt, weil sie den wohligen Grusel von „Reich, aber doch nicht glücklich“ vermittelt. Das ist ja der Trost für uns Normalsterbliche und mindestens ebenso wirksam, wie einst Schwarzeneggers „Burschen, nehmt’s kane Drougn.“
Wir sind einen weiten Weg gegangen – vom biederen Abschrecken in „Go, Ask Alice“ zu Burgess‘ einigermaßen realistischem „Junk“ und nun zum hippen Entwöhnungsroman. Die Lektüre zahlt sich aus.
pp. 399 | 5./6. Klasse