Ich wurde aber eines Besseren belehrt.

Natürlich sind da viele Vignetten, und es dauert, bis man die beiden Heldinnen einigermaßen gut kennengelernt hat. Tippi und Grace sind ‚conjoined twins‘, also siamesische Zwillinge; ihre Oberkörper sind getrennt, aber von der Hüfte abwärts sind sie miteinander verwachsen. Wir lernen ihren Alltag kennen, der zahlreiche triste Seiten hat – der Vater ist Alkoholiker und arbeitslos, die Mutter wird arbeitslos, die Schwester ist Tänzerin und auf dem Weg in die Anorexie; und die Zwillinge werden überall angestarrt, nun noch mehr als früher, da sie eine öffentliche Schule besuchen, wo sie nur zwei Freunde finden: Jon, in den sich Grace verliebt, und Yasmeen, die kein Hehl aus ihrer HIV-Erkrankung macht.

Um der finanziellen Misere zu entkommen, sind Tippi und Grace bereit, bei einer Fernsehdoku mitzumachen; doch da wird bei Grace ein Herzfehler diagnostiziert und eine Trennung scheint unvermeidlich…

In den ersten zwei Dritteln werden wir von der Ich-Erzählerin Grace mit zahlreichen Beobachtungen aus dem Alltag der Zwillinge konfrontiert, wie auch sie versuchen, ihre Grenzen auszuloten und auch versuchen, einen Hauch von Normalität zu ergattern.

Im letzten Drittel, das natürlich an Dramatik nichts zu wünschen übrig lässt, werden wir mit der (bevorstehenden) Operation konfrontiert.

Wie gesagt, für mich muss es nicht die Versform sein, aber desungeachtet lässt sich die poetische Sprache loben; und es lässt sich auch loben, mit wie viel Empathie Crossan ihre Geschichte erzählt. Tatsächlich ein berührendes Buch!

pp. 430 | 4./5. Klasse