Stargirl

Was für ein berührendes Buch! In ein System, das ziemlich rigide organisiert ist, das – zumindest in unseren Augen – starke Züge von Ausgrenzung, bullying und Cliquenbildung hat, das zu Überreaktionen führt, kurzum, in das amerikanische High-School-System kom ...

Was für ein berührendes Buch! In ein System, das ziemlich rigide organisiert ist, das – zumindest in unseren Augen – starke Züge von Ausgrenzung, bullying und Cliquenbildung hat, das zu Überreaktionen führt, kurzum, in das amerikanische High-School-System kommt ein Stern, mit dem niemand gerechnet hat.
Das Buch spielt in einer kleinen High-School, Mica High, in einem Kaff in Arizona. Dort taucht plötzlich die etwa fünfzehnjährige Stargirl Caraway auf, die so ganz und gar nicht in das wohl geordnete System von Mica High passen will. Stargirl, die eigentlich Susan heißt, aber sich immer wieder Namen gibt, die gerade zu ihr passen, hat bis jetzt Privatunterricht erhalten, aber nun will sie sich mit Gleichaltrigen befreunden – und das scheint ihr auf Anhieb zu gelingen. Stargirl wirkt auf die Buben und Mädchen von Mica High wie ein Wesen von einem anderen Stern: Sie spielt in den Pausen Ukulele, singt Lieder für ihre Mitschüler/-innen, verteilt kleine Geschenke, vergisst keinen Geburtstag, ist mitreißend, fröhlich, besorgt, liebevoll, wirkt fast wie ein Engel, der beschlossen hat, für kurze Zeit bei den Menschen zu weilen. Besonders glücklich ist Ich-Erzähler Leo Borlock: Stargirl verliebt sich in ihn und scheut sich auch nicht dies einzugestehen. Leo ist hingerissen – bis zu dem Tag, da sich die Stimmung der Schüler/-innen gegen Stargirl wendet und er allmählich merken muss, dass er in das allgemeine shunning (niemand spricht mit Stargirl etc.) eingeschlossen ist. Als er ihr, die das gar nicht so wahrnimmt, beichtet, wie schwierig das für ihn, den populären Leo, ist, versucht Stargirl sogar ihren Individualismus und Nonkonformismus zu opfern, benimmt sich wie ein normaler Teenager, wird aber weiterhin nicht akzeptiert. Sie verwandelt sich in das alte Stargirl zurück, gewinnt einen Redewettbewerb für die Schule – und wird weiterhin nicht beachtet. Leo zieht sich feige zurück, Stargirl hingegen erwidert Hass mit Freundlichkeit – und verschwindet schließlich aus dem Leben der Schüler/-innen von Mica High, nicht ohne ihre Spuren hinterlassen zu haben, wie man am Schluss des Buches von einem deutlich älteren Leo erfährt.
"Heartbreaking" sagt der Klappentext, und da ist wirklich etwas dran, denn Spinelli hat ein schönes Buch über die Schwierigkeiten geschrieben, die Menschen haben, mit dem Schönen und Guten umzugehen, wenn es ihnen einmal tatsächlich begegnet und das nicht ganz in das gefestigte Weltbild, banaler noch, die Alltagsroutinen, passt. Wir alle würden gerne Stargirl begegnen, die Frage ist immer nur, wie lange wir mit ihr leben oder umgehen könnten. In einem Interview mit Spinelli, das auf die Geschichte folgt, meint er, die Figur von Stargirl sei durch seine Frau inspiriert worden. Schön und tröstlich, nicht wahr?

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/yan-young-adult-novels/aussenseiter/detail/stargirl.html
Kostenpflichtig
nein