Dies ist also der neue Newbery-Gewinner – ein spannendes, über große Strecken hinweg gut geschriebenes Buch, das aber letztlich eine durchaus konventionelle Abenteuergeschichte in historischem Gewand ist. Für die professionellen Leserinnen und Leser von Jugendbüchern bleibt der schale Geschmack übrig, dass Bewährtes, nach alten Mustern Gestricktes offensichtlich das leichte Wagnis (vgl. etwa Sachars "Holes") verdrängt.
Avi ist ein Profi (dies ist sein 50. Roman; vgl. auch www.avi-writer.com), und er kann ganz einfach erzählen; zudem ist er im (Pseudo)Historischen gut bewandert (vgl. etwa "The True Confessions of Charlotte Doyle") und kann seine Romane mit allerlei (Pseudo)Authentizität kolorieren.
Wir befinden uns im ach so beliebten 14. Jahrhundert, in einem englischen Kaff. "Asta's Son", wie Crispin (der zu Beginn seinen Namen gar nicht kennt) genannt wird, muss nach dem Tod seiner Mutter flüchten, weil er als "a wolf's head" für vogelfrei erklärt wird. Dies hängt offensichtlich mit seiner Herkunft und mit einem geheimnisvollen Kreuz zusammen. Auf der Flucht trifft er auf einen hünenhaften Mann, der ihn zu seinem Diener erklärt, der sich aber als Crispins Lebensretter erweist. Bear (so der Spitzname des Mannes) arbeitet an einem politischen Umsturz, doch Sir Aycliffe, der Crispin verfolgt, sieht in ihm eher ein Mittel zum Zweck, um an Crispin heranzukommen. In einem spannenden Finale zeigt sich, wer dieses mörderische Ränkespiel überleben kann.
Genau dieses Finale ist natürlich voll von Unwahrscheinlichkeiten, aber wie sonst kann man in einer so "finsteren" Zeit einen Helden-Ritt in den Sonnenuntergang ermöglichen? Wir nehmen es in Kauf, werden wir doch durch zahlreiche Alltags-Szenen entschädigt, und das mit der Draufgabe hektischen Umblätterns, weil wir doch wissen wollen, wie's weitergeht.
Fazit: Ein gut gestrickter Roman, der sogar Fortsetzungen möglich macht, der aber nichts wirklich Neues auf dem Jugendbuchmarkt bietet.