Es ist an der Zeit
An diesem Buch, das bereits 1987 erschienen ist, scheiden sich die Geister. Darf man mit dem Tod so flapsig umgehen und ihn in die Gestalt eines nicht unsympathischen "Kindermörders" stecken, der nach und nach die Kinder zerschneidet, bis sie einen Tod ihrer Wahl sterben dürfen?
Ich finde, man ...
An diesem Buch, das bereits 1987 erschienen ist, scheiden sich die Geister. Darf man mit dem Tod so flapsig umgehen und ihn in die Gestalt eines nicht unsympathischen "Kindermörders" stecken, der nach und nach die Kinder zerschneidet, bis sie einen Tod ihrer Wahl sterben dürfen?
Ich finde, man darf ganz gewiss. Die Geschichte vom kleinen Karl, der seine Eltern bei einem Autounfall verloren hat und nun bei der gefräßigen Tante Ribisel und dem geizigen Onkel Schmitt leben muss, ist voll jener kleiner Skurrilitäten, die Kinderbücher für Kinder oft so lesenswert machen. Wo Erwachsene Vorbehalte und Bedenken haben, finden Kinder oft Unterhaltung. Es ist ja auch wirklich die Frage, ob das Leben bei der Verwandtschaft nicht gräßlicher ist als der Tod, der hier Wiedersehen und neues "Leben" bietet.
Der Außenwelt präsentiert sich Karl als trauernder Langeweiler, der um alles betrogen wird. Auch im Tod, den er als Held erleben möchte, wird er vom "Kindermörder" noch betrogen, aber im Jenseits entfaltet sich vermutlich eine glückliche Existenz - obwohl das Jenseits, wie uns andere Beispiele zeigen, keine Garantie dafür bietet.
Natürlich lehrt das Buch nicht, mit dem Tod umzugehen. Wie soll es auch, in einer Gesellschaft, in der der Tod als Notwendigkeit kein Thema ist. Aber immerhin hat Verroen ein Buch geschrieben, das das Thema auf - ja, tatsächlich! - unterhaltsame, skurrile und vielleicht sogar tröstliche Art aufgreift. Und eine Figur wie der "Kindermörder", an dem sich Erwachsene stoßen könnten, ist im Jugendbuch schon längst von dunkleren Figuren (etwa dem Serienmörder in Robert Cormiers "Tenderness") überholt worden. Ein lesenswertes Buch.
(GF12/12-1997)