Raubtier!
Seit "Sofies Welt", dem Buch, mit dem man so tun konnte, als wüsste man über die Philosophie Bescheid, gibt es offensichtlich eine kleine Welle von fiktionalen "Bluff your way through..." Büchern. "Raubtier!" will somit für die Psychologie das sein, was Sofie für die Philosophie oder „Theos Reis ...
Seit "Sofies Welt", dem Buch, mit dem man so tun konnte, als wüsste man über die Philosophie Bescheid, gibt es offensichtlich eine kleine Welle von fiktionalen "Bluff your way through..." Büchern. "Raubtier!" will somit für die Psychologie das sein, was Sofie für die Philosophie oder „Theos Reise“ für die Religion war.
Die siebzehnjährige Torhild, angehende Pianistin, übt in einem alten Herrenhaus, lernt dort das Hausmeisterehepaar, dann Archer, den Leiter des Sinfonieorchesters und schließlich Vidar, einen manisch-depressiven Künstler, in den sie sich verliebt, kennen. Geheimnisvolle Runensteine, unerklärliche Geräusche, eine tote Katze und allerlei seltsame Gefühle unterbrechen ihre musikalischen Übungen; eines Tages wird ihre Freundin Lisa tot auf dem Grundstück aufgefunden; wir wissen vom Erzähler, dass er der Täter gewesen sein muss. In diesen Kriminalfall eingebunden ist eine Geschichte der Psychologie und ihrer Hauptthemen; da wird jedes Ereignis, wie etwa Torhilds Versagen beim Konzert oder die Tatsache, dass ihr Freund manisch-depressiv ist, sofort zum Anlass genommen, das jeweilige Psychologie-Kapitel anzuschneiden.
Dabei ist es fast unmöglich, nicht irgendetwas Wissenswertes zu erfahren oder altes Wissen zu reaktivieren. Aber das Problem der Gekünsteltheit bei so viel Didaxe ist natürlich nicht zu lösen. Wenn Freud bei einem Gespräch den Herren Erikson und Piaget erklärt, was Phallos heißt, dann ist das schlichtweg läppisch. Daher bleibt die schlichte Frage erlaubt: Warum nicht einfach einen Kriminalroman schreiben, wenn's um Unterhaltung geht (allerdings ein bisschen besser als hier)? Warum nicht eine leicht fassliche Geschichte der Psychologie für Jugendliche schreiben, wenn's um Information geht? Edutainment muss nicht so gequält verknüpft werden, die Geschichte der Psychologie selbst kann ohne erstarrende Mädchenkörper und augenrollende Jünglinge durchaus spannend erzählt werden und bietet Stoff genug für den heute so beliebten (und vermutlich notwendigen) Edutainment-Ansatz. Bis dahin werden sich aber sicher genug Käufer/-innen für diesen Eintopf finden – und das muss ja nicht unbedingt schlecht sein, denn belehrend und bisweilen unterhaltsam ist das Buch noch allemal.
(GF14/1-1999)