Träume für Verrückte
Wie schon in "Paradiesische Aussichten" (s. Archiv) berichtet Guène vom Leben der Einwanderer, diesmal vorwiegend von einer dreiköpfigen algerischen Familie. Ich-Erzählerin Ahlème ist 24 und sie müht sich redlich ab, Fuß zu fassen, denn die Arbeitsplätze sind wirklich rar und das Leben mit dem V ...
Wie schon in "Paradiesische Aussichten" (s. Archiv) berichtet Guène vom Leben der Einwanderer, diesmal vorwiegend von einer dreiköpfigen algerischen Familie. Ich-Erzählerin Ahlème ist 24 und sie müht sich redlich ab, Fuß zu fassen, denn die Arbeitsplätze sind wirklich rar und das Leben mit dem Vater, der nach einem Arbeitsunfall zu Hause bleiben muss, vor allem aber dem sechzehnjährigen Bruder Foued, der bereits in die Kleinkriminalitätsszene des Viertels abgerutscht ist, ist alles andere als ein Vergnügen. Natürlich sind da auch noch die eigenen Träume - und die beinhalten nicht gerade, in Fast-Food-Ketten Tische abzuwischen. Als sie Tonislav kennen lernt, fühlt sie sich wenigstens ein bisschen umschwärmt, aber der verschwindet plötzlich – und wie wir erfahren, nicht aus eigener Schuld. Ein Besuch in der algerischen Heimat (einem langweiligen Dorf) wirkt natürlich auch keine Wunder; Ahlème kommt zurück und nimmt den Kampf mit dem Alltag erneut auf. Wir können ihr nur ein paar Erfolge dabei wünschen.
Wäre es nicht bei Carlsen erschienen, müsste das Buch nicht notwendigerweise als Jugendbuch vermarktet werden; einzig und allein die etwas flapsige, im Grundton sehr jugendliche Sprache passt ein bisschen zur Kategorisierung. (Warum Hornby neuestes Buch, dezidiert ein Jugendroman, hier so vermarktet wird, als sei's keiner, darf dafür ein umgekehrtes Rätsel bleiben.)
Guène versteht es jedenfalls, genau wie in "Paradiesische Aussichten" ein realistisches und doch zugleich unterhaltsames Bild einer Minderheit zu zeichnen, die sich von Vornherein wenig Hoffnung machen darf. Wie die 'Verliere' dennoch überleben, lässt sich hier nachvollziehen. Daher – ob nun Jugendbuch oder nicht – schadet die Lektüre von Guènes Romanen unseren Jugendlichen auf keinen Fall.
Carlsen 2008