Wofür die Worte fehlen
Unerfreuliche Lektüre!
Aber nicht, weil das Buch schlecht geschrieben wäre, ganz im Gegenteil. Der Kurzroman hat den Kinder- und Jugendbuchpreis gewonnen und liest sich wegen seines Themas alles andere als erfreulich.
Kristian (15), an sich ein beliebter und als Mangazeichner talentierter Jung ...
Unerfreuliche Lektüre!
Aber nicht, weil das Buch schlecht geschrieben wäre, ganz im Gegenteil. Der Kurzroman hat den Kinder- und Jugendbuchpreis gewonnen und liest sich wegen seines Themas alles andere als erfreulich.
Kristian (15), an sich ein beliebter und als Mangazeichner talentierter Junge, wird seit Jahren von seinem Vater missbraucht. Sein Schweigen erkauft sich der Vater einerseits durch Geschenke, andererseits durch die Drohung, die Familie werde sonst zerbrechen. Die Mutter ist oft bei ihrer kranken Mutter in der Slowakei und will auch nicht wirklich hinschauen, die Lehrer/innen schauen zwar, wissen aber auch nicht so recht weiter, zumal Kristian eisern schweigt. Ventil ist nur seine Mangaserie vom unbesiegbaren Schwarzen Ritter, aber auch die ist letztlich kein Beweismittel.
Das Buch vermittelt ein Gefühl der Ausweglosigkeit, die ausgesprochen lange andauert. Kristians ewige Bauchschmerzen werden zwar vom Umfeld thematisiert, aber jede andere Erklärung als die des Missbrauchs wird rasch willkommen geheißen. Und Kristians Angst um die Ehre der Familie überdeckt all sein Leiden.
Dennoch werden zwei Botschaften klar formuliert:
Schuld hat immer der Täter, nie das Opfer
Erst wenn das Schweigen gebrochen wird, ist es zu Ende.
Philipps zeigt sehr glaubwürdig, dass es eben nicht so leicht ist, das Schweigen zu brechen und die eigene Schuldlosigkeit zu akzeptieren – und genau das sind die starken Momente des Buches, das wegen seiner Dichte und Kürze zu empfehlen ist.
Ueberreuter 2010; S. 126