Am I Blue?14 Stories von der anderen Liebe
Jean Paul war's, glaube ich, der gesagt hat, dass Bücher uns nicht zu guten oder schlechten Menschen machen können, aber zu besseren oder schlechteren. Ähnlich die Herausgeberin, die in ihrem Nachwort einen Freund zitiert: "Ich habe niemals einen engstirnigen Menschen kennengelernt, der als Kind ...
Jean Paul war's, glaube ich, der gesagt hat, dass Bücher uns nicht zu guten oder schlechten Menschen machen können, aber zu besseren oder schlechteren. Ähnlich die Herausgeberin, die in ihrem Nachwort einen Freund zitiert: "Ich habe niemals einen engstirnigen Menschen kennengelernt, der als Kind gelesen hat."
Wer diese 14 Geschichten, die mir fast alle wohl gelungen scheinen (am wenigsten gefiel mir noch "Drei Montage im Juli"), liest, dem wird ein ordentliches Stück Verständnis für schwule, lesbische, gleichgeschlechtliche (wie immer sie in den Geschichten auch benannt wird) Liebe mitgegeben. Fast alle Geschichten handeln davon, wie schwierig es den Buben und Mädchen fällt, zuerst einmal ihr von der Gesellschaft so definiertes Anderssein wahrzunehmen, damit umzugehen, es (und damit sich selbst) zu akzeptieren. Und in manchen Geschichten (etwa in "Elternsprechtag") kommt hinzu, wie schwer es den Mitmenschen, v.a. den Eltern fällt, das coming out der Jugendlichen zu akzeptieren.
Dass wir dabei auch gleich ein Stück Wissen und Verständnis um Außenseiterrollen mitnehmen können, zeigt für mich etwa Kerrs "Wir könnten genauso gut Fremde sein" (mit Erfolg zerstückelt und in einer sechsten Klasse gelesen); dass coming out und Anderssein nicht von Krampf, Übersensibilität, political correctness, Verständnisheucheln begleitet sein muss, sondern Anlass für alle möglichen berührenden und unterhaltsamen Situationen sein kann, zeigen etwa Covilles "Am I Blue?" und Blocks "Winnie und Tommy".
Kurz und gut: Wo immer Sie das Buch aufschlagen, es lohnt sich. Was wirklich interessant wäre? Wenn jemand über den Einsatz im Unterricht berichten könnte. Wie wär's?
(GF10/11-1996)