15, Jungfrau, Schlampe

Keine Frage: Das ist ein unterhaltsames Buch, locker, bisweilen sogar zu flapisg im Ton, angehäuft mit Problemen, wie sie vielleicht nicht gerade einer einzigen Person widerfahren, wie sie aber für Jugendliche nicht untypisch sind. Als erwachsener Leser beschleicht mich zwar immer wieder das Gef ...

Keine Frage: Das ist ein unterhaltsames Buch, locker, bisweilen sogar zu flapisg im Ton, angehäuft mit Problemen, wie sie vielleicht nicht gerade einer einzigen Person widerfahren, wie sie aber für Jugendliche nicht untypisch sind. Als erwachsener Leser beschleicht mich zwar immer wieder das Gefühl, dass hier ein Erwachsener besonders cool sein möchte, aber die meisten meiner Leserinnen fanden es trotzdem recht witzig, auch wenn sie keineswegs ihren jugendlichen Alltag abgebildet sahen.
Also gut, wovon ist die Rede?
Chloë Schmitz (15) ist ein unscheinbares, braves, ordentliches Mädchen, Jungfrau im Sternzeichen und in Wirklichkeit und im Vergleich zu ihren Freundinnen Melanie (Model-Qualität) und Naylin zurückhaltend und an Buben wenig interessiert. Zwar ist da Klassenclown Dennis, der sich für Chloë (besonders für ihren Hintern) interessiert, aber sie pariert auf der Witz - und nicht der Beziehungsebene. Chloës großes Problem ist eigentlich ihre Mutter, Europas ältester Teenager, die sich deutlich jugendlicher als ihre Tochter gibt und zahlreiche Beziehungen hat. Sie hat Chloës Vater nach drei Tagen sitzen gelassen, weil er so langweilig war (dieser weiß daher auch nicht, dass er eine Tochter hat). Die Mutter im O-Ton: "Du rauchst nicht, du trinkst nicht, du nimmst keine Drogen und du machst nicht mit Jungs rum. Na super! Und dazu kommt noch, dass du die Beste in der Klasse bist. Weißt du was, Chloë? Du bist richtig langweilig."
Chloë hält diesem Druck zunächst recht gut stand, doch ihr Leben, das durchaus alltäglich-normal verläuft und nur von Wunschträumen nach einem Vater (er ist zwischen Clooney und de Niro angesiedelt) unterbrochen wird, kompliziert sich, als sie sich eines Tages als "Schlampe" herrichtet. Ihr Outfit verwirrt nicht nur alle Autofahrer, sie stößt auch mit einem Jungen zusammen, der sie spontan küsst. Chloë verliebt sich, macht diesen Leon ausfindig und muss feststellen, dass er nicht hält, was er dem Augenschein nach versprochen hat. Nicht nur, dass er unentwegt Bier trinkt, er bemüht sich auch keineswegs klar und deutlich um Chloë; eines Tages taucht er bei ihr auf, und da ist dummerweise nur die Mutter zu Hause ...
Bieniek kann sich die eine oder andere Unwahrscheinlichkeit und Übertreibung nicht verkneifen, insgesamt jedoch fängt er Teenagerfreuden, aber auch das ganze Teenagerelend recht gekonnt ein; und hinter den vielen witzigen Szenen, hinter der direkten Sprache, schimmert ein bisschen Chloës Trauer über das vaterlose Heranwachsen, da schimmert schon auch die Sehnsucht der Mutter nach einem anderen Leben durch. Gleichzeitig zeigt Bieniek an all seinen Figuren, dass man sich sein Leben mitunter mühsam zurechtbiegen und formen muss, dass es diese Arbeit aber auch wert ist.
Temporeich, unterhaltsam und alles in allem doch einigermaßen differenziert!.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/julit-deutsch/konflikte/detail/15-jungfrau-schlampe.html
Kostenpflichtig
nein