Greg. Eine rätselhafte Verwandlung

"Als Greg eines ganz gewöhnlichen Morgens erwacht, findet er sich im Bett zu einer ungeheuren Raupe verwandelt." Klingt vertraut? Soll es auch sein! Walbrecker hat sich Kafkas "Verwandlung" als Folie für sein Jugendbuch genommen, das von der plötzlichen Verwandlung des Gregor Hansen erzählt. Nat ...

"Als Greg eines ganz gewöhnlichen Morgens erwacht, findet er sich im Bett zu einer ungeheuren Raupe verwandelt." Klingt vertraut? Soll es auch sein! Walbrecker hat sich Kafkas "Verwandlung" als Folie für sein Jugendbuch genommen, das von der plötzlichen Verwandlung des Gregor Hansen erzählt. Natürlich sind Vater (Architekt und kühl), Mutter (kosmisch fühlend, angehende Therapeutin) und Bruder Ben (lästig) eher entsetzt als amüsiert; nur der Großvater zeigt wirklich Verständnis für das unentwegt fressende und kotende Tier.

Was hat die Veränderung bewirkt? War die heimliche Liebe zur Nachbarstochter Sara ausschlaggebend? Handelt es sich einfach um ein Gen-Pänomen? Ist es eine Inszenierung der Natur?

Nach einigen Versteck-Versuchen nimmt sich Reality-TV des Megaereignisses Greggy an und bemüht sich Einkünfte und Einschaltquoten in die Höhe zu treiben; doch dann kommen die finsteren Wissenschafter und wollen Greg für ihre Zwecke missbrauchen. Nur wenige verstehen, dass die Raupe ein fühlend Wesen ist (Sara, die Tierpsychologin Lissy), und so wundert es uns nicht, dass es Greg nach einiger Zeit an den Kragen gehen soll. Aber Metamorphosen haben manchmal ein glückliches Ende...

Walbrecker erzählt flott, mitunter auch durchaus witzig, aber mir persönlich ist die Mediensatire zu vordergründig, zu gewalt-lustig, letztlich auch zu eintönig; allerdings ist Humor (auch der von Kindern) nicht frei von Vergröberungen, sodass es durchaus Leser/-innen geben wird, die, showgewöhnt, mehr mit der Satire anfangen können als ich. Und wer partout will, der kann dies auch als Entpuppungsprozess eines liebeskranken Jugendlichen lesen und auf dieser Ebene fündig werden. In jedem Fall fragt man sich nach der Lektüre, warum niemand schon früher auf die Idee gekommen ist, Kafkas Erzählung neu zu spinnen. Schon allein deswegen - rasch lesen und hoffen, dass dies ein erstes Larvenstadium für Kafka-Lektüre werden könnte.
(GF16/11-1999)

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/julit-deutsch/identitaet/detail/greg-eine-raetselhafte-verwandlung.html
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