Bamberts Buch der verschollenen Geschichten
Der Kolonialwarenhändler Blümcke liest Bambergs Geschichten und stellt fest, "dass Bambert vom unbändigen Willen beseelt war, die schlimmsten Dinge, von denen er wusste, ungeschehen zu machen. In dem kleinen verwachsenen Bambert steckte der große Wunsch, die Welt zu erlösen von ihren eigenen Gra ...
Der Kolonialwarenhändler Blümcke liest Bambergs Geschichten und stellt fest, "dass Bambert vom unbändigen Willen beseelt war, die schlimmsten Dinge, von denen er wusste, ungeschehen zu machen. In dem kleinen verwachsenen Bambert steckte der große Wunsch, die Welt zu erlösen von ihren eigenen Grausamkeiten." Dementsprechend wehmütig, traurig oder grausam sind die Geschichten, die Bambert erzählt, wiewohl sich ab und zu doch etwas Hoffnung einschleicht, etwa in der Geschichte "Das wandernde Licht", die in einem Moskauer Gefängnis spielt.
Dabei sind die Schauplätze fast zufällig (wie zufällig, erfahren wir allmählich), denn Bambert hat seine elf Geschichten, zehn geschriebene und eine ungeschriebene, Heißluftballons anvertraut. Wo immer sie ankommen, von wo immer Bambert Antwort erhält, dort spielen seine Geschichten, ob nun in Moskau, Madrid, Sarajewo, London oder Hohentwiel. Die letzte Geschichte aber soll sich selbst schreiben - und auf tragische Weise tut sie das auch.
Jung hat geschickt einen Rahmen gesetzt, innerhalb dessen sich noch viele Geschichten hätten schreiben lassen können; aber durch ihre Kürze und Dichte wirken die elf Geschichten so stark, dass sie mühelos das mögliche dickere Buch ersetzen, und nicht zuletzt jene Kürze, mit der Schicksale entschieden werden, ist es, die zur Wirkung der Geschichten beiträgt. Frei von erzählerischen Schnörkseln entsteht so ein lesenswertes - oder noch besser, vorlesenswertes - Buch, das Ihren Unterricht in den ersten und zweiten Klassen bereichern kann.
Warum nicht Bambertianer aus Ihren Schülern/Schülerinnen machen, an ein paar Orten dieser Welt imaginäre Heißluftballons absetzen und Geschichten von dort erzählen lassen. Ich werd's auf jeden Fall ausprobieren.
(GF14/1-1999)