Wir schreiben das Jahr 1683. Anna Fromm, Tochter eines Büchsenmachers aus Frankfurt, muss mit ihrem Vater fliehen, da sie als Hexe verschrien ist. Sie wollen nach Amerika auswandern, werden jedoch bald getrennt, und für Anna beginnen drei absolut abenteuerliche Jahre. Mit englischen Komödianten reist sie nach Rotterdam, lässt sich vom sympathischen Kleinganoven Nick auf ein Schiff schmuggeln, landet (mit Nick) auf einem Piratenschiff, wird nach einiger Zeit auf einer kleinen Karibik-Insel ausgesetzt, lebt dort ein Jahr bei einem ebenfalls ausgesetzten Spanier, macht mit anderen Piraten die Karibik unsicher, landet in Jamaika, findet Nick wieder, macht sich auf die Suche nach ihrem Vater, wird von Irokesen entführt, weil sie im Traum einer weisen alten Frau als Retterin des Volkes erschienen ist, erfüllt diese Weissagung, findet endlich ihren Vater und sehnt sich nach Nick, dem schlauen Karibik-Piraten.

Phew! So viele Abenteuer in einen Band packen hat ja nicht einmal Karl May geschafft. Bei allen Unwahrscheinlichkeiten, bei aller Konfektionsarbeit muss man Jeier jedoch zu Gute halten, dass das Buch spannend zu lesen ist. Das starke Mädchen darf all das erleben, was sonst zehn Bubenromanen vorbehalten war; natürlich müssen zwischendurch ein paar salbungsvolle Passagen her, aber im Grunde geht es darum, all das, was wir aus Piratenromanen, Hexenromanen, Indianerromanen, Fluchtromanen etc., kennen in ein einziges Buch zu verpacken, das, für heutige Verhältnisse, angenehm lang ist und mit glühenden Wangen und dem Gefühl, endlich einmal ein dickes Buch gelesen zu haben, verschlungen werden kann. So ist es jedenfalls meiner zehnjährigen Probeleserin ergangen, und auch ich fühlte mich in jenes Lesealter zurückversetzt. Meines Erachtens reicht das als Empfehlung.
(GF16/11-1999)