Allein nach Mazar-e Sharif
Dies ist die Fortsetzung zu "Die Sonne im Gesicht" und liest sich, in seiner Universalität, wahrscheinlich erschütternder als der erste Band, der zu sehr vom Taliban-Regime erzählte.Parvana (13) hat ihren Vater wiedergefunden, doch er ist bald an Entkräftung gestorb ...
Dies ist die Fortsetzung zu "Die Sonne im Gesicht" und liest sich, in seiner Universalität, wahrscheinlich erschütternder als der erste Band, der zu sehr vom Taliban-Regime erzählte.
Parvana (13) hat ihren Vater wiedergefunden, doch er ist bald an Entkräftung gestorben. Allein macht sie sich, immer noch als Junge verkleidet, auf den Weg nach Mazar-e Sharif, weil sie hofft dort ihre Mutter wiederzufinden. Doch sie bleibt nicht lange allein: In einem bombardierten Dorf findet sie ein Baby, das sie Hassan tauft und mitschleppt, immer auf der Hut, ja unentdeckt zu bleiben. Dann, in einer Höhle, trifft sie auf den etwa neunjährigen Asif, der ein Bein verloren hat. Obwohl er unentwegt an Parvana herummeckert, zieht er mit ihr weiter. Als sie eines Tages in ein Minenfeld stolpern und die Explosion überleben, lernen sie Leila (8) kennen, die sich eine kleine Oase geschaffen hat, indem sie das, was das Minenfeld "abwirft", zum Überleben nutzt – so etwa die Handelswaren eines Kaufmanns. Mit ihrer Großmutter, die reglos in einer halb verfallenen Hütte hockt, hat sie, nicht zuletzt wegen ihres manischen Wesens, bis jetzt überlebt. Die Kinder richten sich dort so etwas wie einen Ort der Ruhe ein, doch eines Tages erreichen sie die Bomben auch hier und die Flucht geht weiter.
Als sie endlich in ein Lager kommen, ist dieses überfüllt, und Menschen ohne Hoffnung kämpfen dort verbissen um das eigene Leben. Ein schrecklicher Unfall führt Parvana zufällig mit ihrer Mutter zusammen, und es glimmt wieder ein bisschen Hoffen auf eine Zukunft auf.
Ellis lässt ein paar Kinder durch ein zerstörtes Land ziehen, nicht ganz mutlos, aber doch schwer vom Krieg geschädigt. Verstehen ist ihre Sache nicht, aber gerade dadurch wird die Anklage umso größer, und die Naivität der Kinder verstärkt den Schrecken, etwa, wenn sie überlegen, was man wohl mit toten Kindern macht. Tote Tauben kann man essen – aber tote Kinder? Wer keine Ideologien mit sich herumträgt, muss sich eben in Spekulationen und Träume flüchten. Parvana glaubt an ein grünes Tal ohne Minenfelder und Hunger. Ein durchaus bescheidener, aber unerfüllbarer Traum.
Warum "Parvana's Journey" mit "Allein nach Mazar-e Sharif" wiedergegeben wird, bleibt unklar, passt aber zu ein paar Holprigkeiten, die offensichtlich durch die Übersetzung entstanden sind. Aber das soll niemanden davon abhalten, dieses wichtige Buch zu lesen.