Löcher

Spannend!Stanley Yelnats ist, abgesehen vom Wachmann mit einem Gewehr auf den Knien, der einzige Fahrgast im Bus Richtung Camp Green Lake, Texas. Camp Green Lake ist eine Anstalt für schwere Jungs. Stanley ist hier, weil er angeblich Turnschuhe gestohlen hat, dabei war er nur zur falschen Zeit a ...

Spannend!
Stanley Yelnats ist, abgesehen vom Wachmann mit einem Gewehr auf den Knien, der einzige Fahrgast im Bus Richtung Camp Green Lake, Texas. Camp Green Lake ist eine Anstalt für schwere Jungs.
Stanley ist hier, weil er angeblich Turnschuhe gestohlen hat, dabei war er nur zur falschen Zeit am falschen Ort, aber seine Familie konnte sich keinen Anwalt leisten. Der Green Lake ist seit über hundert Jahren ausgetrocknet und nunmehr eine Wüste, in der die Jugendlichen Löcher graben müssen, fünf Fuß breit und fünf Fuß tief, täglich eines - zur Bildung ihres Charakters. Doch Stanley vermutet bald, dass der Boss, das ist die Chefin und Besitzerin des Camps, etwas anderes im Sinn hat und sucht. Es gibt keine Wächter, da jeder, der davonläuft, in dieser Wüste mit Klapperschlangen, Skorpionen und gelbgefleckten Eidechsen, deren Biss tödlich ist, nach zwei Tagen verdursten oder wieder zurückkommen müsste.
Stanley findet eines Tages ein goldenes Röhrchen, eine Lippenstifthülse, mit den Initialien KB, was die Chefin in große Aufregung versetzt und seiner Gruppe größere Wasserrationen beschert. Er hat viel Zeit zum Denken beim Graben und Familiengeschichten gehen ihm durch den Kopf: Vom Ururgroßvater aus Litauen, der einer Einbeinigen ein Schwein gestohlen hat und von ihr verflucht wurde, vom Großvater, der an der Börse ein Vermögen gemacht hat, aber auf dem Weg nach Kalifornien von der gefürchteten Banditin Kissin Kate Barlow ausgeraubt wurde und wie durch ein Wunder siebzehn Tage in der Wüste überlebt hatte.
Stanley freundet sich mit dem Niemand der Gruppe, Zero, an. Zero will von Stanley Lesen lernen, dafür hilft er ihm beim Graben. Das ruft den Neid der anderen hervor, es kommt zu einer Schlägerei und Zero läuft in die Wüste davon. Stanley hört zufällig, dass Zero, da er Staatsmündel ist, keine Angehörigen hat und ihn niemand vermissen wird. Er soll aus dem Computer gelöscht werden und damit wären alle Spuren seiner Existenz in diesem Camp verwischt. Nach zwei Tagen folgt ihm Stanley, er findet ihn unter einem umgekippten Boot. Statt umzukehren gehen sie weiter auf einen Berg zu, den "Daumen Gottes", den Stanley aus der Geschichte des Großvaters kennt. Die alten Geschichten vermischen sich immer mehr mit dem gegenwärtigen Geschehen. Zuletzt muss er den halb toten Zero den Berg hinaufschleppen. Oben finden sie einen Tümpel und viele Zwiebeln, von denen sie sich ernähren. Irgendwann müssen sie aber ins Camp zurück, weil es in weitem Umkreis sonst kein Leben gibt.
Weiter will ich die Geschichte nicht verraten, sie verläuft aber unglaublich spannend. Eidechsen und Klapperschlangen spielen eine wichtige Rolle und die Liebe einer weißen Lehrerin zu einem schwarzen Zwiebelverkäufer, die mit grausame Folgen hat. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, bis es ausgelesen war. Amerikanische Gegenwart, vermischt mit osteuropäischem Mystizismus, mit dem Glauben an schicksalhafte Verbindungen über Generationen, Schwüre und Erlösungen davon machen den Reiz dieses Buches aus. Stanley, der in der Schule vom Kleinsten schikaniert worden war, weil er übergewichtig war, hat sich sowohl äußerlich als auch innerlich verändert. Er fühlt sich sogar einmal glücklich, obwohl die extremen Umstände nicht danach sind. Zuletzt rettet ihn eine Anwältin, die zufällig auf seinen Fall gestoßen ist. Sie kommt genau dann ins Camp, als er in einem Nest gelbgefleckter Eidechsen steht... Und dann fallen nach über hundert Jahren wieder Regentropfen auf den ausgetrockneten See.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/julit-deutsch/familie/detail/loecher.html
Kostenpflichtig
nein