Das Buch war in Frankreich ein enormer Erfolg (2004 unter dem Titel "Kiffe kiffe demain") erschienen und wird eigentlich nicht als Jugendbuch verkauft, ist trotzdem ideal für jugendlichen Leser/innen und könnte so manchem betulichen Jugendroman den richtigen Weg weisen.

Nicht, dass die Themen so sonderlich neu wären: Die fünfzehnjährige Doria wächst bei ihrer Mutter in einem Pariser Vorstadtviertel heran (einer eigenen Welt; die Mutter etwa sieht nach vielen Jahren erst den Eiffelturm 'live'). Der Vater ist nach Marokko zurückgekehrt, die Mutter hat sich Frankreich auch anders vorgestellt, versucht aber (auf fast rührende Weise) Fuß zu fassen. Sozialhilfe und Therapie (für Doria) sollen den beiden den Weg erleichtern und sie in die Selbstständigkeit entlassen.

Doria unterhält sich am liebsten mit Hamoudi, dem Dealer, der plötzlich beschließt, dealen und kiffen aufzugeben und sozusagen solide zu werden. Und dann ist da doch Nabil, der eine Null ist – oder doch nicht? Wie immer in solchen Romanen, braucht man ein bisschen Zeit, etwas über die wahren Qualitäten der Menschen herauszufinden…

Was aber besonders gelungen ist, ist die witzige Art, in der Buch geschrieben ist. Ich-Erzählerin Doria zeichnet sich nicht nur durch trockenen Humor, sondern auch durch scharfe Beobachtungsgabe aus, durch ihre einerseits pragmatische, anderseits tagträumerische Sichtweise der Welt (einer Welt der 'Verlierer' vorwiegend, hier besser und verständlicher dargestellt als all die Zeitungsberichte zum Thema Unruhen in französischen Städten); diese Art ist ganz einfach absolut unterhaltsam, so dass der Inhalt fast sekundär wird. Offensichtlich liegt eine kongeniale Übertragung (Anja Nattefort) vor, aber wer das Original zu lesen vermag, hat sicher ein noch größeres Leseerlebnis zu erwarten. "Paradiesische Aussichten" gehört zu den wenigen Büchern, die auch als Klassenlektüre bestehen können. Empfehlenswert!