Hinterglas
Autor RABINOWICH, Julya
Verlag Hanser 2019
Rabinowich‘ Jugendbuch-Erstling „Dazwischen: Ich“ (s. Archiv) war, nicht zuletzt wegen seiner nüchternen Erzählhaltung, ein gelungenes Buch; mit ihrem neuen Jugendbuch aber nähert sie sich der Dutzendware:
dysfunktionale Familie, tyrannischer Großvater, Außenseiter-Tochter, schräger Freund, Flucht aus der Misere. So oder ähnlich – davon haben wir schon genug gelesen.
Alice (17) führt ein eingeengtes Leben, die Mutter ist eine ehemalige Schauspielerin, der Vater Architekt, der drohend in der Nähe wohnende Großvater ein alter Nazi. Da lernt Alice Niko kennen, der so in der Welt herumflattert und offensichtlich ab und zu eine Schule besucht. Zögerlich freundet sie sich mit ihm an, sie, die sich sonst in diverse Krankheiten flüchtet. Letztendlich bricht sie mit Niko die Schule ab, verlässt ihr Zuhause, droht den Eltern mit Enthüllungen, landet im Drogenmilieu und muss miterleben, wie sich Niko zusehends verändert, vor allem, wie er immer gewalttätiger wird. Jetzt setzt sie die 24 Scherben ihres Lebens wieder zusammen, unterbrochen von kurzen Erzählabschnitten, die deutlich auktorialer sind.
Alice ist keine unbedarfte Erzählerin, aber trotzdem immer wieder so naiv, dass man staunen möchte. Rabinowich hat alles ordentlich miteinander verwoben, auch ein paar interessante Randfiguren beigesteuert, aber insgesamt nichts sonderlich Neues für den Jugendbuchmarkt produziert. Traurig ist, dass das Leben immer wieder ein Spiegelbild mittelprächtiger Romane ist und es genug 17-Jährige gibt, die sich im Leben verlieren.
pp. 201 | 14/15