The Runaway Jury

"Grisham schreibt seine Bücher schneller, als ich sie besprechen könnte, und mit der Formel, die er gefunden hat, wird er uns noch einiges aus der amerikanischen Gerichtswelt bescheren. Trotzdem ist es erstaunlich und anerkennenswert, wie jemand offensichtlich mühelos 550 Seiten füllt, ohne eine ...

"Grisham schreibt seine Bücher schneller, als ich sie besprechen könnte, und mit der Formel, die er gefunden hat, wird er uns noch einiges aus der amerikanischen Gerichtswelt bescheren.
Trotzdem ist es erstaunlich und anerkennenswert, wie jemand offensichtlich mühelos 550 Seiten füllt, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob's nicht 350 auch tun. Für den Fall selbst vielleicht ja: Diesmal geht es um eine Musterklage gegen die amerikanische Tabakindustrie und um eine Jury, die so oder so in ihrem Abstimmungsverhalten beeinflusst werden soll. Obendrein hat der mysteriöse Juror #2, Nicholas, mit seiner Freundin seit vier Jahren einen Millionencoup geplant, der nun zur Ausführung gelangt. Das ist nun natürlich ein gutes Thema, v.a. im Amerika von heute (und als Ergänzung zur "Smoking"Unit in MAKE YOUR WAY), und die Bestseller-Ehren wären Grisham schon alleine deshalb gewiss. Obendrein aber versteht er geschickt zu erzählen, sodass die 550 Seiten tatsächlich fast zu kurz werden. Bis zum Schluss wissen wir nicht, wie sich die Jury entscheiden wird, bis zum Schluss bleiben Kläger und Verteidigung gleich unsympathisch; die vielen kleinen Handlungsstränge, die Grisham bündelt, erzeugen ordentlich Spannung, und wir verzeihen ihm so manches Sich-Hinwegschwindeln. (Sind Richter wirklich so unbedarft?) Gleichzeitig bestärkt Grisham seine Leser/innen in ihrem Gefühl für Paranoia und lässt die 'allgemeine Verschwörungstheorie' über ihnen hängen - immer ein gutes Rezept.
Noch eines leistet das Buch: Es kann ein Leseerlebnis vermitteln. Bekanntlich machen wir unsere wichtigen Leseerlebnisse zuerst eher mit Bahnhofsliteratur als mit Weltliteratur. Ein Schüler meiner sechsten Klasse, der das Buch gelesen hat, war zuerst wegen des Umfangs erschrocken. Ich hab ihm geraten, sich am Abend hinzusetzen und so lange zu lesen, bis ihm die Augen zufallen. Nicht, dass er's wirklich getan hat, aber er war trotzdem in drei Abenden fertig und hat es genossen. Ich halte DAS auch für Leseerziehung."

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/thriller/detail/the-runaway-jury.html
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