Blood Eagle
Normalerweise würde ich Russells Erstling übergehen, denn er ist Serienmörder-Dutzendware. Ein offensichtlich Verrückter tötet Frauen auf grausame Weise und reißt die Lungenflügel so heraus, dass die Opfer wie blutige Adler aussehen. Ist es ein misogyner Psychopath, der einen Aspekt des Odin-Kul ...
Normalerweise würde ich Russells Erstling übergehen, denn er ist Serienmörder-Dutzendware. Ein offensichtlich Verrückter tötet Frauen auf grausame Weise und reißt die Lungenflügel so heraus, dass die Opfer wie blutige Adler aussehen. Ist es ein misogyner Psychopath, der einen Aspekt des Odin-Kults reinszeniert oder steckt doch mehr dahinter? Politische und wirtschaftliche Machenschaften, Kulthandlungen, ein bisschen Persönliches, Mafiagelüste – alles, was es so gibt am Thriller-Markt ist, reingepackt in dieses Buch, das erzählerisch bisweilen sehr holpert, mit Mühe nur die Handlungsfäden beisammenhält und generell so wirkt, als hätte da einer zu viel gelesen und irgendwann einmal gesagt: das probier ich auch.
Was aber das Buch für deutschsprachige Leser/innen dennoch interessant macht, ist der Schauplatz: Kommissar Jan Fabel ist nämlich Erster Kriminalhauptkommissar bei der Hamburger Kripo und als solcher will er auch angesprochen werden. Da wimmelt es nur so von Kriminaloberkommissaren, Ersten Bürgermeistern, Doktoren und Obersten. Craigs Deutschland ist per Sie und achtet genau auf Rang und Würde; da gibt es nichts Lässiges – die Hamburger sind steif wie eine Brise. Es ist also ganz unterhaltsam festzustellen, wie das Bild eines Schotten von einer deutschen Stadt auf deutschsprachige Leser/innen wirkt. Bei uns kommt noch das Vergnügen dazu, aus einer anderen deutschsprachigen Kultur zu kommen, sodass wir auf mehreren Ebenen Kopfschütteln können. Und wen es interessiert, der wird vermutlich in absehbarer Zeit mehr darüber lesen können, denn der ukrainische Oberfiesling ist noch nicht gefasst.