The God Delusion

Dawkins ist ja zur Zeit in aller Munde, und es gehört nicht nur für Freunde und Gegner des God-bashers Dawkins fast zum guten Ton sein neuestes Buch gelesen zu haben, sondern auch bescheidene Agnostiker müssen sich durchackern, kriegen sie doch auch ihr Fett weg.
Ein bisschen erinnert mich Dawk ...

Dawkins ist ja zur Zeit in aller Munde, und es gehört nicht nur für Freunde und Gegner des God-bashers Dawkins fast zum guten Ton sein neuestes Buch gelesen zu haben, sondern auch bescheidene Agnostiker müssen sich durchackern, kriegen sie doch auch ihr Fett weg.

Ein bisschen erinnert mich Dawkins an so unselige Bücher wie "Ein Trappist bricht sein Schweigen", das irgendwie in meine Internatsbibliothek geraten war. Früher Nationalsozialismus und Religionsbashing, wenn ich mich recht erinnere. Dawkins schreibt wenigstens in einer anderen Klasse, aber sein Übereifer wirkt halt manchmal genauso lächerlich wie die Verteufelung einer volksfremden Religion. Das fände ich ja nun nicht so ungemein bedeutsam, wenn Dawkins es sich nicht zum Ziel machte, auch jene, die sich von der Religionsfrage eher unberührt zeigen, auch in seinen "Heiligen Krieg" miteinzubeziehen. Dawkins hasst nämlich Gott – und er hat gute Gründe: "the most unpleasant character in all fiction: jealous and proud of it; a petty, unjust, unforgiving control freak; a vindictive, bloodthirsty ethnic cleanser; a misogynist, pestilential, megalomaniacal, sado-masochistic, capriciously malevolent bully." Wer denkt da nicht gleich an einen christlichen Gott? Aber auch der Islam kriegt sein Fett ab, und es ist tatsächlich sehr überzeugend, wenn Dawkins einlädt, sich die Welt einmal ohne all die religiösen Eiferer und deren blutiges Handwerk im Laufe der Geschichte vorzustellen. Sie scheint deutlich friedlicher…

Auf der – etwas kurzsichtig argumentierten - politischen Ebene ist Gott ja leicht beizukommen, wenn man zB Islam und Terror in eins setzt; eine gar zu billige Rechnung, die nicht aufgehen kann. Aber Dawkins ist nicht umsonst exzellenter Wissenschafter; als Biologe hat er nicht nur gelernt, exakt zu denken, er trägt auch die Fackel des Darwinismus vor sich her und macht sehr überzeugend klar, dass mit der Design-Theorie nicht viel zu holen ist. Dass er dabei zusammen trägt, was nur eben zusammen zu tragen ist, um seine Hypothesen zu unterstützen, ist völlig legitim, zumal die Gegenseite nie zimperlich bei der "Datenerhebung" war, etwa, wenn sie Gerüchte über Letzte-Minute-Bekehrungen geschickt platziert hat. Dass er dabei manchesmal gar zu zelotisch wirkt, sei ihm auch verziehen; Zeloten verstehen diese Sprache auch besser. Dass er aber dabei noch dazu ein bisschen langweilt, weil er gar kein Ende findet, das kommt einen schon härter an. Und dass er, aus europäischer Sicht, immer wieder offene Türen einrennt, ermüdet ein bisschen. Nun gut, die Amerikaner mögen sogar so weit gehen und dem Atheisten seinen Hamburger verwehren. Hier würde man ihm eher mit Indifferenz begegnen; oder der Atheist trifft auf einen Religionslehrer, der sowieso nicht weiß, ob es Gott gibt, und wenn, dann ist er eine Frau.

Was ich mit Vergnügen gelesen habe, war, wie Dawkins diverse Gottesbeweise in der Luft zerreißt. Ich kann mich noch erinnern, wie sie mir als Schüler präsentiert wurden: Triumphe religions-philosophischen Denkens, Syllogismen zum Niederknien. Dawkins lässt wenig davon übrig; und so nebenbei entkräftet er ein paar Mythen. Das alles in einer sehr lesbaren Sprache und mit viel persönlichem Engagement und dem richtigen Maß an Anekdoten und Hinweisen zum Nachforschen und Weiterlesen.

Trotzdem hat mir in dem Buch ein ganz anderer als ein Gottesgegenbeweissatz am besten gefallen. Die Rede ist von Kindern, die etwas in der Schule gelernt haben. "They'd go home and tell their parents – and, by the way, giving children something with which to surprise their parents is one of the greatest gifts a teacher can bestow." (115). Das ist ein tröstlicher Gedanke – und eine mindestens genauso wichtige Lebensaufgabe wie die Vorbereitung auf ein Jenseits.

London: Bantam 2006; pp. 406

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.02.2007
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/sachbuch/detail/the-god-delusion.html
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