Ackroyd, biographer extraordinaire, hat eine schmale biographische Studie zu Edgar Allan Poe vorgelegt, die, wie fast alle Bücher Ackroyds, ganz einfach besticht: durch Kenntnisreichtum, spannende "Erzähl"führung, Kombinatorik und Sprache. Wo andere 'hint' oder 'suggest' sagen, da steht bei Ackroyd 'adumbrate'. Mag sein, dass Sie derlei Wörter sowieso ganz nebenbei verwenden, ich selbst habe nach einem Ackroyd jedenfalls immer das Gefühl, in einem Sprachbad gewesen zu sein.

Dazu kommt, dass Ackroyd einen Poe präsentiert, der nicht nur wegen seiner Leistungen (Gedichte, Detektiverzählung, atmosphärisches Grauen) mit Lob überhäuft wird, sondern einen Poe, der reizbar, erfolglos, unzuverlässig war; der eitel und empfindlich war; dem das Scheitern mitgegeben zu sein schien; der immer und ewig unter dem Verlust schlechthin litt, möglicherweise ausgelöst durch das Trauma des frühen Todes seiner Mutter. Der – als Quartalsäufer – herzerweichend und lästig sein konnte. Kurzum: Wer immer sich bereits mit Poe beschäftigt hat, wird neue Facetten finden, Lust auf erneute Poe-Lektüre bekommen – und vielleicht auch hoffen, dass dieses Buch nur eine Vorarbeit zu einem umfassenderen Werk ist. Denn die angenehme Kürze lässt bisweilen auch vermuten, dass der Band gleichsam ein umfangreicher Notizzettel zu einem größeren Vorhaben ist. Mir sollte das jedenfalls recht sein.

P. S. Wer etwas Umfangreicheres von Ackroyd lesen will, kann sich ja mittlerweile mit der 900-Seiten-London-Biographie oder der 600-Seiten-Themse-Biographie beschäftigen.