On Writing

Kings Buch, das erste, das er nach seinem verheerenden Unfall im Jahre 1999 (den er übrigens sehr mitreißend schildert) geschrieben hat, ist mit 'A Memoir of the Craft' untertitelt, präsentiert sich aber letztendlich als a ragbag of bones to chew on.
Im ersten Teil liefert King eine Teilbiograf ...

Kings Buch, das erste, das er nach seinem verheerenden Unfall im Jahre 1999 (den er übrigens sehr mitreißend schildert) geschrieben hat, ist mit 'A Memoir of the Craft' untertitelt, präsentiert sich aber letztendlich als a ragbag of bones to chew on.

Im ersten Teil liefert King eine Teilbiografie; wir erleben Kindheits- und Jugendjahre in glimpses mit, vor allem aber seine ersten Erfolge und Misserfolge. Für jeden King-Fan eine faszinierende Lektüre, die zahlreiche geschwätzige Interviews ersetzt. In einem Abschnitt "Toolbox" folgen ein paar handwerkliche Tipps, und erst im Kernstück ("On Writing") setzt sich King mit seinem eigentlichen Thema auseinander. King ist kein Theoretiker, der meint eine klassische Poetik verfassen zu müssen, sondern eher das, was man einen wisecrack nennt. Seine Ratschläge klingen plausibel, haben Hand und Fuß sozusagen, und werden meistens mit einer punchline abgeschlossen. An Wesentlichem für mich steht da drin: "If you want to be a writer, you must do two things above all others: read a lot and write a lot." (112) Beim Lesen entwickelt King einen großen Appetit (der Appetit macht), wie seine Lesetipps im Anhang beweisen; ein Leser von Weltliteratur ist er eben nicht, obwohl auch er vom so genannten Kanon genascht hat. Was das Schreiben betrifft, so betont er immer wieder, dass Handlung und Glaubwürdigkeit im Vordergrund stehen müssen, dass Bücher ihr eigenes Tempo haben und dass seine im Speziellen oft sehr viele Seiten brauchen, um sich zu entfalten (man denke etwa an "The Stand"); gleichzeitig weist er immer wieder sehr einleuchtend auf folgende Formel hin: First draft = second draft - 10%.

Ich, der ich kein Umarbeiter bin, sehe mich bestätigt: Wenn schon schreiben, dann Gedichte, denn für einen Roman wär ich schlichtweg zu faul. Die vielen anderen aber, die meinen, vom Meister ein Erfolgsrezept lernen zu können, werden möglicherweise enttäuscht sein. Dennoch sollten viele Menschen dieses Buch lesen: die King-Fans sowieso; die Möchtegern-Schreiber auf jeden Fall; die Nasenrümpfer, die meinen, King könne nicht schreiben, ganz besonders. Denn King weiß: Er ist kein genialer Schriftsteller, aber er ist ein guter Schriftsteller. Und mancher Schreiberling kann es mit Talent und Fleiß auch dorthin bringen; und manche Kritiker/-innen kapieren vielleicht, dass hier ein solider Kunsthandwerker mit viel amerikanischer (hey, chum!) Ehrlichkeit Einblick in die Werkstatt gewährt.

Lehrreicher und unterhaltsamer als zehn Schreiberziehungsbücher und zwanzig Stilfibeln.

P. S. Ach ja, Sachbuch sollte man dennoch besser unter (einfache) Anführungszeichen setzen.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/sachbuch/detail/on-writing.html
Kostenpflichtig
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