Nicht nur, weil ich gerne Fisch esse, nicht nur, weil das Kabeljausterben die englische Fish&Chips Kultur massive bedroht, sondern auch, weil derlei kulturgeschichtliche Abhandlungen mich immer wieder sehr interessieren, habe ich dieses Buch gelesen - und ich wurde nicht enttäuscht.
Kurlansky breitet vor uns eine minutiös recherchierte tausendjährige Geschichte des Kabeljaus aus. In drei großen Abschnitten (A Fish Tale, Limits, The Last Hunters) wird uns der enorme Einfluss des Kabeljaufischens auf die Seefahrt, aus baskischer Vorherrschaft bis zum heutigen Tag, auf die Ernährungspolitik und auf den politischen Alltag (div. Kabeljaukriege) bewusst gemacht. Gleichzeitig zeigt er, wie der Mensch durch schlichte Gier ein schier endlos scheinendes Fischreservoir erschöpft hat, wie ein ungeheurer Reichtum relativ rasch zerstört wurde, und wie man sich noch heute - die letzten Eintragungen stammen aus 1996 - über die Zerstörung hinweglügen will.
Aufgelockert ist dies bereits durch literarische Verweise und zahlreiche Rezepte, aber Kurlansky lässt der dreiaktigen Tragödie noch einen vierten Teil folgen: A Cook's Tale: Six Centuries of Cod Recipes, eine wahre Fundgrube für Gourmets und Historiker; leider sind wir auf den tief gefrorenen Kabeljau (ich hab gleich ein paar eingekühlt) beschränkt; und zwischen dem und fangfrischem gibt's kulinarische Welten. Bleibt uns als Chance der Stockfisch; aber ehrlich: Wer von uns hat schon am Naschmarkt welchen erworben, um in komplizierter Prozedur zumindest einen Stockfischsalat herzustellen?
Bevor ich mich aber in Details verliere, noch einmal ein Lob: Kurlansky zeigt auf spannende Art, wie der Alltag, wie ein Fisch Politik bestimmen, und wie Geschichte eine Geschichte der täglichen Bedürfnisse und der großen wie kleinen wirtschaftlichen Interessen ist. Empfehlenswert.