A Reading Diary
Normalerweise lesen ich Manguel, Autor der berühmten „History of Reading“, mit ungetrübtem Vergnügen – und auch diesmal wär es mir so ergangen, hätte ich mir nicht andauernd sagen müssen: Da hast du an die 10,000 Bücher in deinem Leben gelesen und kommst dir vor wie ein halber Analphabet. Aus Qu ...
Normalerweise lesen ich Manguel, Autor der berühmten „History of Reading“, mit ungetrübtem Vergnügen – und auch diesmal wär es mir so ergangen, hätte ich mir nicht andauernd sagen müssen: Da hast du an die 10,000 Bücher in deinem Leben gelesen und kommst dir vor wie ein halber Analphabet. Aus Quantität kommt Qualität, meinte einst Lenin. Offensichtlich doch nicht – denn Manguel tut etwas, was seit Beginn des 19. Jahrhundert allmählich verschwunden ist: Er frönt dem Wiederlesen.
„A Year of Favourite Books“ heißt sein Buch im Untertitel. 12 Werke sind es, die er sich vorgenommen hat und die ich Ihnen nicht verschweigen will (Nachahmende aufgepasst):
„The Invention of Morel (Adolfo Bioy Casares), “The Island of Dr Moreau” (H. G. Wells), “Memoirs from Beyond the Grave (Chateaubriand), “The Sign of the Four” (Conan Doyle), “Elective Affinities” (Goethe), “The Wind in the Willows” (Grahame), “Don Quixote” (Cervantes), “The Tartar Steppe” (Buzzati), “The Pillow Book” (Sei Shonagon), “Surfacing” (Atwood) und “The Posthumuous Memoirs of Brás Cubas” (Machado de Assis).
Manguel erzählt aber nicht bloß von den Büchern – das wäre zu einfach. Er verknüpft die Lektüre mit Aufenthaltsorten, Erinnerungen, Aperçus, anderen Leseerfahrungen, sodass wir letztendlich ein schönes Kompendium von abwechselndem Prodesse und Delectare vor uns haben. Und er macht uns natürlich neugierig – auch aufs Wiederlesen. Was für ein schöner Gedanke, sich mit dem „Don Quichote“ in ein Eck verkriechen zu können. Oder wieder einmal den ganzen Sherlock Holmes zu lesen. Oder doch etwas Neues in Angriff zu nehmen: Ich hab mir jedenfalls vorgenommen Machado de Assis endlich zu lesen. Und die „Tartarenwüste“ hab ich nicht einmal – wie gut, dass es www.eurobuch.com gibt... Und der nächste Manguel („The Library at Night“) ist sowieso Pflicht.
Edinburgh: Canongate 2005