1599. A Year in the Life of William Shakespeare
Jetzt bin ich natürlich kein Shakespeare-Experte, bloß jemand, der sein gerüttelt Maß gelesen und wieder gelesen und doch allerorts viele Ausführungen gesehen hat. (Meine Lieblingsaufführung: National Theatre: Henry V). Daher geht auch sicher viel von diesem faszinierenden Buch an mir vorbei – a ...
Jetzt bin ich natürlich kein Shakespeare-Experte, bloß jemand, der sein gerüttelt Maß gelesen und wieder gelesen und doch allerorts viele Ausführungen gesehen hat. (Meine Lieblingsaufführung: National Theatre: Henry V). Daher geht auch sicher viel von diesem faszinierenden Buch an mir vorbei – aber ich kann dennoch sagen, dass ich es mit Gewinn gelesen habe, weil Shapiro es versteht, die Bedeutung des Zeitgenössischen (von der hohen Politik bis zum Alltag) mit Shakespeares Werk in Verbindung zu setzen. Zum ersten Mal wurde mir zB auch bewusst, dass Shakespeare Alltagsereignisse jeglicher Ebene (selbst in Stücken wie "Julius Caesar") verarbeitet, dass er inhaltlich eher der Umformer als der Neuschreiber war, dass er sprachlich ein Umarbeiter war, der dennoch kühne Neuerungen setzte (etwa im "Hamlet" zahlreiche neue Wörter plus jede Menge Hendiadyoins=Verbindung zweier gleichbedeutender Wörter, was für das Publikum ziemlich anstrengend war), dass er ein eifriger Besucher von Buchhandlungen gewesen sein muss, denn keine Privatbibliothek war umfangreich genug, all die Quellen, die er nutzte, zu enthalten – und dass er dabei noch Zeit fand ein durchaus wenig sympathischer 'businessman' zu sein.
Shapiro wählt 1599, weil es politisch ein aufregendes Jahr war (viel ist dem Earl of Essex und natürlich der Königin gewidmet), weil es aber auch ein fruchtbares Jahr für Shakespeare war – Henry V, Julius Caesar, As You Like It, Hamlet-Skizze; Globe-Teilhaber). So entsteht ein aufregendes und sehr lesbares Gesamtbild, in dem naturgemäß manche Stücke nicht vorkommen (zB The Comedy of Errors, die ich im September 2006 im Globe sah), die aber doch ein grelles Schlaglicht auf das Schaffen eines besonderen Genies werfen. Aber man muss kein 'Shakespeare-scholar' sein, um dieses Buch zu mögen. Die vielen Details aus Alltag und Politik halten richtig in Atem – und wer noch nicht genug davon hat, der kann sich im umfangreichen (40 Seiten) bibliografischen Essay nach weiteren Leseerlebnissen umsehen.