Professionalisierung im Lehrberuf.

Eine durch sachhaltige "Tatbestandsgesinnung" (Bernfeld) gestützte Diskussion der Weiterentwicklung des Lehrberufs wird an der Professionalisierungsdebatte, die in den letzten Jahren mit großem Eifer geführt wurde, nicht vorbeikommen. Der vorliegende Band, eine indirekte Festschrift für Arno Com ...

Eine durch sachhaltige "Tatbestandsgesinnung" (Bernfeld) gestützte Diskussion der Weiterentwicklung des Lehrberufs wird an der Professionalisierungsdebatte, die in den letzten Jahren mit großem Eifer geführt wurde, nicht vorbeikommen. Der vorliegende Band, eine indirekte Festschrift für Arno Combe, der mit Helsper bereits 1996 ein Standardwerk zum Thema, nämlich "Pädagogische Professionalität" (stw 1230), herausgeben hat, ist ein weiterer äußerst lesenswerter Beitrag zu dieser Diskussion und hilft jenen, die den dicken Combe/Helsper-Band scheuen, sich zu orientieren.

In neun Beiträgen werden wir mit wesentlichen Aspekten der Professions-Debatte vertraut gemacht. Herrman und Gudjons liefern Rückblicke auf die letzten 60 Jahre (beide sehr lesenswerte Beiträge auch im Hinblick auf die gegenwärtige Berufsbild-Diskussion), Bastian und Helsper fassen in ihrem abschließenden Aufsatz zusammen und wagen einen Blick in die Zukunft. Dazwischen liegen Beiträge von Bauer über Konzepte pädagogischer Professionalität, von Terhart (dem Vielzitierten) über Lehrerbildung, von Horstkempner über Geschlecht und Professionalität, von Reh & Schelle über reflexive Berufsbiografien, von Meyer über die Bedeutung der Interaktion und von Altrichter über den Zusammenhang von Schulentwicklung und professionellem Handeln.

Was der Band deutlich macht, ist die starke Bedeutung reflexiven Handelns einerseits, die Komplexität (semi-)professionellen Handelns (man denke etwa an reflexiv-biografische Elemente) andererseits; gleichzeitig macht er schmerzlich bewusst, wie verkürzt Debatten im Bildungsbereich geführt werden, sodass es immer wieder zu Neuauflagen von Binsenweisheiten oder überholten Konzepten kommt. Um einen 'professionellen Habitus' zu entwickeln ist zB kooperatives Handeln unerlässlich – und dennoch wird noch immer dem Einzelkämpfer-Bild das Wort geredet.

Alle Autorinnen und Autoren sind um ein differenziertes Herangehen an das Thema bemüht und vermeiden apodiktische Aussagen in einem Bereich, der sich einer Totalprofessionalisierung (notwendiger- und erfreulicherweise) entzieht; damit liefern sie aber auch zahlreiche Denkanstöße, erregen Zustimmung und Kopfschütteln (etwa Meyers seltsame Differenzierung von fault und mistake) – und vermitteln letztendlich das Gefühl, dass hier nach wie vor "ein weites Feld" vor uns liegt. Am schönsten zeigt sich das für mich in einer typografischen Kleinigkeit: Bei all den heftigen Debatten um Professionalisierung lautet die Kopfzeile im letzten Beitrag "Professionalitsierung (sic!) im Lehrberuf." Es bleibt halt immer noch ein kleiner Schritt zu tun...

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/paedagogik/detail/professionalisierung-im-lehrberuf.html
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