Dimensionen einer begabungsfreundlichen Lernkultur. Festschrift für Friedrich Oswald
Der vorliegende Band ist anlässlich von Prof. Oswalds 60. Geburtstag erschienen und enthält – naturgemäß – all das schmückende Beiwerk, das Festschriften so eigen ist: Grußworte, Literaturverzeichnisse, Diplomarbeitenlisten und dergleichen mehr. Gleichzeitig beschäftigt sich aber eine Vielzahl v ...
Der vorliegende Band ist anlässlich von Prof. Oswalds 60. Geburtstag erschienen und enthält – naturgemäß – all das schmückende Beiwerk, das Festschriften so eigen ist: Grußworte, Literaturverzeichnisse, Diplomarbeitenlisten und dergleichen mehr. Gleichzeitig beschäftigt sich aber eine Vielzahl von Beiträgen mit den beiden großen Schwerpunkten in Oswalds Tätigkeit: der begabungsfreundlichen Lernkultur (oder der Begabten-, Begabungs-, Hochbegabtenförderung – wie immer man es nicht nennen möchte, denn es bestehen hier doch substantielle Unterschiede in den Denkweisen) einerseits und der universitären Lehrer/-innenbildung andererseits.
Der Abschnitt "Begabungsfreundliche Lernkultur" besteht aus Beiträgen zum Thema (u.a. einem höchst fragmentarisch wirkenden von Heitger, einem Lehrplan-2000-hofierenden von Klement, einem originell-strukturierten von Sedlak) und aus Beiträgen anlässlich einer Ringvorlesung "Begabungen entdecken – Begabte fördern".
Der zweite große Abschnitt befasst sich kurz mit der Person Oswalds und ist dann vornehmlich der Arbeit des Zentrums für das Schulpraktikum der Universität Wien gewidmet; hier findet sich auch noch ein längerer Beitrag von Oswald selbst ("Begabung in der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer").
Wiederum naturgemäß ist die Qualität der Beiträge äußert unterschiedlich. Da gibt es die fragmentarischen, die vignettenhaften (absurd kurz der über die Rolle der "Neuen Medien"), die hausbackenen (jene, wo Bundesländer oder Schultypen sich selbst loben), die gar zu schulischen (rund um die Olympiaden) – und die, die zum Widerspruch, allenfalls auch zur Zustimmung veranlassenden Beiträge. Letztere sind leider etwas rar, aber dafür umso interessanter. Knackpunkt (im Bereich 1) scheint mir ohnedies zu sein, ob Begabungen und Begabte in homogenen Gruppen zusammenzufassen seien oder nicht (vgl. dazu den lesenswerten, weil auch heftig diskutierenswerten Beitrag von Günter Schmid). Knackpunkt im Bereich 2 scheint mir: Warum wird trotz ZSP und geänderter Ausbildung nach wie vor behauptet, die universitäre Lehrer/-innenausbildung tauge herzlich wenig? Wie viele Studentinnen und Studenten haben ihre Praktika auch selbstselektiv erfahren, will heißen, haben den Lehrberufswunsch aufgegeben? Dass die gesamte Frage der universitären Lehrer/-innenausbildung ein diffiziles Thema ist, zeigt sich am Beitrag von Gerhard Wagner, für mich übrigens einer der interessantesten Artikel des Buches. Dass es ungemein schwierig ist, Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Allgemeine Pädagogik miteinander zu verzahnen, lässt auch Pollheimer in seinem Beitrag anklingen – wir können also alle miteinander gespannt sein, was die reformierte Ausbildung in den nächsten Jahren da zu Wege bringen wird.
Oswald hat das Glück (oder das Pech?), seinen Arbeitsschwerpunkt in zwei sehr sensible Bereiche gelegt zu haben; das kann viel Feind, aber auch viel Ehr' bringen. Wie viel von jedem, lässt sich bei der Lektüre dieses Buches nicht so leicht ermitteln, weil natürlich die Ehr' im Vordergrund steht. (Die Ehr', die ihm der Herr Rudolph von der FPÖ angedeihen lässt, ist allerdings die zweifelhafteste des Bandes.) Dennoch dokumentieren manche Beiträge recht eindrucksvoll ein immer wieder kontroversielles Bild eines Stücks österreichischer Bildungsgeschichte. Gleichgültig, ob Sie sich als Lehrer/-in ausnehmend für den Jubilar interessieren oder nicht – seine Arbeit ist schlicht und einfach mit zwei Themenbereichen verknüpft, die uns alle nicht unberührt lassen können. Dass der ansprechend gestaltete Band auch ein bissl alpenländische Biederkeit widerspiegelt, sollte vielleicht sogar als Plus und nicht als Minus verbucht werden. (Resonanzbemerkung: Dass sich die österreichische Forschung zB in einem Band wie "Hochbegabung" von Feger/Prado gar nicht findet, ist da u.U. ein weiteres Indiz für Hausgemachtes.)
Bevor ich jetzt aber anfange, meine eigenen Wahrnehmungen in Sachen Begabung und Lehrer/-innenbildung niederzuschreiben, lassen Sie mich sagen, dass es mich freut, dass Howard Gardner (multiple intelligencies) immerhin dreimal angeführt wird. Den Rest lasse ich Sie selbst entdecken...