Wolves Eat Dogs

Der neue Arkady Renko (“Gorky Park” war der erste) ist natürlich kein Krimi im üblichen Sinn. Klar, es gibt Tote, es gibt fast einen Fall, es gibt Renko als hoffnungslosen Ermittler. Verstärkt wird das Renko-Bild durch den elfjährigen Zhenya, der in einem Waisenhaus lebt, nicht spricht, exzellen ...

Der neue Arkady Renko (“Gorky Park” war der erste) ist natürlich kein Krimi im üblichen Sinn. Klar, es gibt Tote, es gibt fast einen Fall, es gibt Renko als hoffnungslosen Ermittler. Verstärkt wird das Renko-Bild durch den elfjährigen Zhenya, der in einem Waisenhaus lebt, nicht spricht, exzellent Schach spielt, und für den Renko eher zufällig Vaterersatz geworden ist. Überhaupt teilen die Figuren des Buches eine grundsätzliche Entwurzeltheit, die sie – erfolgreich oder erfolglos – durch die Welt stolpern lässt.

Selbst der erste Tote des Buches, Millionär Pasha Ivanov, einer der erfolgreichen Parvenus Moskaus, lässt uns zuerst im Unklaren darüber, ob er ermordet wurde oder Selbstmord begangen hat. Natürlich ist Renko mit der Selbstmordtheorie, die den Behörden gelegen kommt, nicht zufrieden. Stur und methodisch beginnt er zu ermitteln – und weil es möglicherweise Verbindungen zu einem neuen Mord gibt und weil man Renko loswerden will, wird er in die Zone, also nach Tschernobyl, geschickt, um dort den Fall weiter zu verfolgen.

Die Auflösung des Falls ist nicht unbedingt spektakulär, die eingebaute Liebesgeschichte auch nicht; aber was Cruz Smith exzellent wiedergibt, ist die Atmosphäre in der Zone. Das Leben, das die Menschen dort führen, ist von anderen Gesetzen bestimmt. War schon Moskau ein unsicheres Pflaster, so ist die Zone natürlich durch die tägliche Unsicherheit und die abgezirkelte Gewissheit (des begrenzten Lebens) bestimmt.

Kaminskys Rostnikov und Cruz Smiths Renko sind zwei Ordnungshüter, die eine melancholische Sicht auf ein zerfallenes Weltbild und eine zerfallene Großmacht vermitteln. Ich kann nicht beurteilen, wie sehr sie tatsächlich das gegenwärtige Russland widerspiegeln, kann jedoch festhalten, dass die Welt, die sie darstellen, absolut glaubwürdig wirkt. Wer also die dichte Atmosphäre in seinen Krimis schätzt und einen Schauplatz, der die herkömmlichen Pfade verlässt, der wird mit den Renko-Romanen zufrieden sein.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.10.2005
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/krimi/detail/wolves-eat-dogs.html
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