You Don't Have to Live Here
Am Anfang war ich noch versucht, das Buch bei der Jugendliteratur einzuordnen, doch mittlerweile würde ich ihm den "Bridging the Gap"-Status zuordnen – zu grimmig ist die Geschichte der vierzehnjährigen Sasha, die wir eine Zeit lang begleiten. Der Vater (katholisch, mit 'gypsy blood') ist Diplom ...
Am Anfang war ich noch versucht, das Buch bei der Jugendliteratur einzuordnen, doch mittlerweile würde ich ihm den "Bridging the Gap"-Status zuordnen – zu grimmig ist die Geschichte der vierzehnjährigen Sasha, die wir eine Zeit lang begleiten. Der Vater (katholisch, mit 'gypsy blood') ist Diplomat, die Mutter (Muslimin) Universitätsprofessorin, beide gehören der Elite unter Tito an. Nach einem unerquicklichen Vorfall in der Schule ziehen Mutter und Tochter für einige Zeit nach Kuba, wo Sasha eine Affäre mit einem Schwarzen beginnt; nach der Rückkehr verbringt sie einige Zeit bei der Großmutter im tiefsten Bosnien, dann beim Vater in Griechenland (die Mutter ist inzwischen an Krebs erkrankt), wo sie unter Amerikanern ein 'sex&drugs'-Leben führt. Sasha wird immer mehr zur wilden Außenseiterin und erschwindelt sich nach dem Tod der Mutter als kaum Sechzehnjährige ein Visum für die Vereinigten Staaten. Dort setzt sie ihr bisheriges Leben unter anderen Umständen fort, und erst am Ende des Buches sehen wir sie – möglicherweise – in eine neue Existenz aufbrechen.
Sasha, verwahrloster weiblicher Picaro unserer Tage, erzählt ihre Geschichte ungerührt, fast teilnahmslos, und genau das macht das Buch so spannend zu lesen. Hier wird nicht sentimentalisiert, gejammert, nachgeweint. Hier lässt man sich – als 'tumbe törin' bisweilen – einfach treiben, solange es einen eben freut. Das ist nicht immer erfreulich – vor allem, wenn man mitbedenkt, dass das Buch lose autobiografische Züge trägt, das ist aber zweifelsohne lesenswert. Ich habe mir auf jeden Fall auch gleich ihren ersten Roman ("Homecoming", 2002) bestellt.