Winter’s Bone

Hätte ich nicht den Film von Debra Granik gesehen, hätte ich wahrscheinlich nie das Buch gelesen – und dabei einen Schriftsteller nicht entdeckt, den es sich ganz offensichtlich zu entdecken lohnt. Woodrell lebt in den Missouri Ozarks, in denen diese schöne Stück ‚noir‘ spielt und die offensicht ...

Hätte ich nicht den Film von Debra Granik gesehen, hätte ich wahrscheinlich nie das Buch gelesen – und dabei einen Schriftsteller nicht entdeckt, den es sich ganz offensichtlich zu entdecken lohnt. Woodrell lebt in den Missouri Ozarks, in denen diese schöne Stück ‚noir‘ spielt und die offensichtlich eine harte, raue, eigengesetzlichen Gegend sind.

Ree Dolly (eine der vielen Dollys) ist 16, als ihr Vater plötzlich verschwindet. Der soll zu einer Gerichtsverhandlung kommen (er stellt ‚crank‘ her, ein Methamphetamin) und hat das Haus als Kaution überschrieben. Ree, die sich um zwei kleine Brüder und eine verwirrte Mutter kümmern muss, beschließt – gegen eine Mauer des Schweigens – herauszufinden, was mit ihrem Vater passiert ist. Unterstützt und gleichzeitig „gebremst“ von ihrem Onkel Teardrop und ihrer Freundin Gail, will sie zumindest nachweisen, dass der Vater tot ist, und gerät dabei an einen anderen Clan, der auch gewillt ist zu töten, um das Schweigen aufrecht zu erhalten.

Woodrell zeichnet – eher sparsam – das Bild einer anderen Welt, in der die überlieferten Gesetze zu gelten haben, die sich gerne abschottet, die ihre eigenen Codes hat. Ree, als junge matriarchalische Figur, lässt ahnen, dass hier in Wirklichkeit die Frauen die Gesetze machen, dass Verwandtschaft ein Wert ist, dass Blut verbindet. Es entsteht also ein Stück Welt in einem US-Amerika, das man eher in abgeschotteten europäischen oder kleinasiatischen Landstrichen vermuten würde.

Eine weitere Hauptrolle spielt natürlich die Landschaft: kalt, unwirtlich, karg, undurchdringlich – und geliebt.

Ein schmales Buch, ein faszinierendes Buch, das übrigens kongenial verfilmt wurde und dazu noch ein gutes Beispiel für den eher seltenen Fall einer sehr werkgetreuen Verfilmung bietet.

London: Sceptre 2007; pp. 193

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.01.2011
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