So lernt man, dass Transformation Damenperücke bedeuten kann – aber es war auch zu erwarten, dass die neuseeländischen Schriftstellerin in ihrem dritten Roman (s. Archiv für "Golden Deeds"), der bereits 2003 erschienen ist, ihr Gespür für das 'double entendre' nicht vergisst.

Dabei ist der Protagonist des Romans noch schillernder als der Titel (dessen Mehrschichtigkeit Chidgey erfreulicherweise nicht überstrapaziert). Monsieur Goulet III (ein Mann mit vielen Namen und dunkler Vergangenheit) ist ein erstklassiger Perückenmacher. Er residiert als einziger Dauergast im Tampa Bay Hotel und geht dort seinen bizarren Geschäften nach, vornehmlich dem Verfertigen von erstklassigen Perücken, für die das Haar zu beschaffen nicht unbedingt leicht ist. Wie im Schauerroman des 18. Jahrhunderts braucht er dafür Helfer, so etwa den sechzehnjährigen Kubaner Rafael, der sein Glück im Florida des ausgehenden 19. Jahrhunderts sucht. Die dritte Hauptfigur ist die schöne junge Witwe Marion Unger, deren weißblondes Haar Goulet fasziniert und die um ihren Jack trauert, der mit 26 gestorben ist und den sie nun, nach seinem Tod, wirklich kennen zu lernen scheint.

Chidgey entwickelt eine faszinierende Geschichte von 'American Gothic', nicht unähnlich manchen Romanen von Stewart O'Nan, bei dem die kleinen und großen Abgründe der menschlichen Seele allmählich (aber nachhaltig) sichtbar werden. Chidgey hat mit Goulet auch einen bizarren Charakter entwickelt, der in seiner unscheinbaren Dämonie und seiner Obsession nicht nur das Zeug zum Filmhelden, sondern auch zum Protagonisten eines weiteren Romans hat. Bleibt eigentlich nur anzumerken, dass es schade ist, dass Chidgey vermutlich nicht so viel gelesen werden wird wie manche Mainstream-AutorInnen, die bestimmt schlampiger und farbloser erzählen. Nehmen Sie sich die Zeit für Chidgeys Romane, ich halte sie für Leckerbissen, die man sich nicht entgehen lassen sollte.