The Testament of Mary

Die Novelle war beim Booker 2013 auf der Shortlist – und das zu Recht. Tóibín hat einen dichten, spannenden Text geschrieben, der von einer authentischen Stimme getragen wird;

nicht die “Muttergottes” der katholischen Kirche spricht zu uns, sondern eine Frau, die mit den Ereignissen um den Tod ihres Sohnes (sie nennt ihn immer nur „my son“, nie Jesus) klarkommen will, die begreift, dass ihr einerseits das Unfassbare entgegen tritt, andererseits die beginnende Machtpolitik der „Organisation“, wenn etwa Johannes sie ein paar Jahre später befragt, Markus sie bei der Kreuzigung nicht kennen will. Mary hält fest: “I cannot say more than I can say.” Und dementsprechend vorsichtig ist sie bei ihrem “Testament”. Sie hält eher wenig von den Jüngern, aber auch ihrem eigenen Sohn fühlt sie sich bisweilen entfremdet (etwa bei der Hochzeit von Kanaa). Zu den stärksten Stellen der Novelle gehört die Geschichte von Lazarus, unheimlich schon bei der Auferstehung, beklemmend sein weiteres Schicksal. Und natürlich bildet die Kreuzigung den Höhepunkt der Ereignisse, knapp und dramatisch geschildert in ihrer Ausweglosigkeit – mit der Andeutung der Glorifizierung, nicht zuletzt aus machtpolitischen Gründen.  Lassen Sie sich diese 100 Seiten nicht entgehen.

London: Penguin 2013 (1st 2012); pp. 104

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Sprache
Deutsch
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Education Group
Veröffentlicht am
03.12.2013
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