The Pillowman

Sowohl die Wiener Aufführung im Akademietheater als auch die englische im Cottesloe Theatre (mit Jim Broadbent; dort im Übrigen ungleich mehr Lacher) beeindruckten durch ihre atmosphärische Dichte – die aber leicht herzustellen war, denn McDonagh, dessen Stück "The Lieutenant of Inishmore" wahrs ...

Sowohl die Wiener Aufführung im Akademietheater als auch die englische im Cottesloe Theatre (mit Jim Broadbent; dort im Übrigen ungleich mehr Lacher) beeindruckten durch ihre atmosphärische Dichte – die aber leicht herzustellen war, denn McDonagh, dessen Stück "The Lieutenant of Inishmore" wahrscheinlich viele kennen (s. Archiv), einfach eine so genannte Theaterpranke hat.
Mehr noch als in seinen anderen Stücken werden Geschichten erzählt – berührende und abschreckende, und immer wieder finden wir den "nice little twist", der mit dem Entsetzen Scherz treibt.
Katurian Katurian Katurian (seine Eltern waren eben komisch) schreibt neben seiner belanglosen Arbeit Kurzgeschichten. Etwa an die 400 hat er geschrieben, die wenigsten sind wirklich gut, nur eine wurde veröffentlicht. Sein treuestes Publikum ist sein geistig behinderter Bruder Michael.
Zu Beginn des Stückes findet sich Katurian in Polizeigewahrsam wieder; er denkt an politische Verfolgung, denn er lebt in einer drittklassigen Diktatur, aber die beiden Polizisten, der gute Cop (Tupolski) und der böse Cop (Ariel) sind hinter einem Kindermörder her, und Katurians Geschichten handeln gar zu oft von misshandelten und ermordeten Kindern. Die Dinge nehmen ihren vorhersehbaren Lauf: Wir erfahren, dass Michael die Geschichten Katurians "inszeniert". Mehr von dem Stück will ich Ihnen gar nicht verraten, nicht davon erzählen, was die Polizisten für Schicksale haben, wie Katurian und Michael heranwuchsen; so viel muss genügen: Katurian würde alles tun, um seine Geschichten zu retten!
Wie gesagt, McDonagh hat ein dichtes Stück geschrieben, zwischen Scherz und Entsetzen, wie das halt nur die anglo-irischen Schriftsteller können, mit großartigen Dialogen, die in ihrer Kargheit unendlich viel Bedrohung enthalten. Aber am gelungensten sind zweifellos die Geschichten, die erzählt werden (fast ausnahmslos aus Katurians Feder). Sie sind kleine Meisterwerke für sich – und lassen meist keine Wendung zum Bösen aus. Das befreiende Publikumsgelächter am Ende dieser Geschichten ist ein Sich-Luft-Machen nach der Spannung – und dieses ein Sich-Luft-Machen ist oft genug notwendig.
Nutzen Sie die Gelegenheit die Aufführung im Akademie-Theater zu sehen, aber gehen Sie zuerst ohne Klasse oder lesen Sie vorher das Stück, damit Ihnen keine Vorwürfe gemacht werden können, denn das Wahre, Gute und Schöne kommt eher weniger vor.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/the-pillowman.html
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