The Noise of Time

Autor BARNES, Julian

Verlag London: Jonathan Cape 2016

“Art is the whisper of history, heard above the noise of time”, heißt es auf Seite 91; und Musikwissenschafter sagen, dass die Musik von Dmitri Schostakowitsch gleichzeitig eine Geschichte der Sowjetunion zwischen 1930 und 1970 ist.

Barnes lässt diesen Aspekt nicht aus, aber er personalisiert ihn. Es sind die Gedanken von Schostakowitsch, seine vielen Ängste, seine vielen Triumphe (die er als Verkörperungen seiner Angst sieht), sein politisches Herumtaumeln, sein Pessimismus, die uns bei der Lektüre begleiten. Der Komponist, gebeutelt von Der Macht, will der Musik alleine leben, aber wer kann das schon in einem Staat, in dem die Kunst einzig und allein dem Volk gehört; womit auch der Geschmack der Massen getroffen werden muss; und wer kann schon angstfrei leben, wenn Tadel und Lob von Stalin Tod oder Leben bedeuten können?

Schostakowitsch erkennt letztendlich, dass es leichter ist, ein Held zu sein als ein Feigling. Sein größter Fehler war, dass er zu lange gelebt hat; seine Hoffnung ist, dass sich seine Musik über sein Leben erheben wird. Der Dreiklang von Wodka-Gläsern (am Anfang, am Ende) dürfte das beweisen.

Es ist immer ein Vergnügen, einen neuen Roman von Barnes zu lesen, aber diesmal ist das Vergnügen besonders groß. Knapp und doch unglaublich dicht, lyrisch und doch immer wieder grausam. Das Leben von Schostakowitsch enthält viele ‚Wahrheiten‘, ein Umstand, der dem Romancier entgegenkommt, wie Barnes am Ende meint. Aber gleichzeitig ist es auch ein Buch über das sowjetische „music business“ unter Stalin, eine Abrechnung mit den gefälligen Linken wie Sartre, Shaw und Picasso. Es ist ein elegant komponiertes Buch, das einen naturgemäß auf Schostakowitsch (wieder) sehr neugierig macht.

pp. 180

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.04.2016
Link
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