The Nix

Autor HILL, Nathan

Verlag London: Picador 2017

Wenn du einen Sechshundert-Seiten-Roman schreibst, meint ein Verleger in “The Nix”, dann lesen ihn vermutlich zehn Leute.
Nun, das stimmt sicher nicht für diesen Roman, denn meine gebundene Ausgabe ist bereits in der 2. Auflage, das kürzlich erschienene Taschenbuch schon ein Reprint.

Hills Erstling (der Titel bezieht sich auf einen bösen norwegischen Homunculus) ist ein monumentales Werk, fast viktorianisch mit seinen Handlungssträngen, seinen Mitzitterpartien, seinen Skurrilitäten.Wir schreiben das Jahr 2011: Eine ältere Frau attackiert den rechtslastigen Senator Packer bei einem Auftritt in Chicago mit Steinwürfen (Steinchen, wie ihr Anwalt sagen wird); das ist ein gefundenes Fressen für die Presse, „The Packer Attacker“ soll eine radikale Vergangenheit haben, Prostituierte gewesen sein, vielleicht gar terroristische Ziele verfolgt haben.

Dass fast nichts an der Geschichte dieser Faye Andresen wahr ist, wird sich im Lauf des Romans erweisen; ihr Sohn, Samuel Andresen-Anderson, mit dem sie seit Jahrzehnten keinen Kontakt hatte, soll ein Buch über sie schreiben, und zwar ein vernichtendes. Persönliche Rache, gleichsam. Samuel, der an einem College Englisch unterrichtet und grad Probleme hat, weil er eine besonders unbedarfte Studentin durchfallen lassen will, flüchtet sich normalerweise stundenlang ins Computerspiel „World of Elfscape“; das lenkt vom eigenen Versagen (u.a. als Schriftsteller) ab. Als aber sein Verleger Periwinkle auftaucht und ihm einen Vertrag anbietet, den er nicht ablehnen kann, beginnt er das damalige Verschwinden seiner Mutter zu recherchieren und stößt auf so viel Erstaunliches, dass es ihn schwindelt. Seltsamerweise laufen viele Fäden bei einer Person zusammen…

Dieser Ausblick wird dem Buch keineswegs gerecht, denn viel mehr ist in die Haupthandlung, die zwischen 1968 und 2011 pendelt, hineinverwoben: Da sind die politischen Proteste, da treten Hubert Humphrey und Allen Ginsberg auf, da gibt es in der Gegenwart den manischen Computerspieler Pwnage, da gibt es die herrliche Satire auf die verbissene Studentin Laura, die die Welt des Akademischen ad absurdum führt – kurzum: Da gibt es eine Vielfalt von Charakteren zu entdecken, eine Vielfalt von abenteuerlichen Handlungen zu verfolgen, die wahrscheinlich für mehrere Romane gereicht hätten. Vielleicht ist es auch das, was man dem Buch ein bisschen vorwerfen kann – dass es manchmal zu viel des Guten ist. Dennoch liegt hier ein Roman vor, der unterhaltsam und gescheit ist und den zu lesen sich wirklich lohnt. Hoffentlich gibt es noch mehr von Hill zu entdecken.

pp. 620

 

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.06.2017
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