The Mission Song

John leCarr hat sich schon längst von den hiesigen Spionage-Schauplätzen verabschiedet, ja eigentlich hat er sich schon längst von der Spionage verabschiedet. Die heutigen Schurken sind polternde Staatsmänner, elegante Partylöwen, Wirtschaftskonsortien, 'global players' um Macht und Geld.
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John leCarr hat sich schon längst von den hiesigen Spionage-Schauplätzen verabschiedet, ja eigentlich hat er sich schon längst von der Spionage verabschiedet. Die heutigen Schurken sind polternde Staatsmänner, elegante Partylöwen, Wirtschaftskonsortien, 'global players' um Macht und Geld.

Auftritt Bruno Salvador, Erzähler und (Simultan)Dolmetscher, der nicht nur Englisch und Französisch, sondern auch Swahili, Lingala, Shi und Kinyarwanda spricht, also der ideale Mann ist, um – völlig inoffiziell – beim Treffen von kongolesischen Machthabern auf einer kleinen Nordseeinsel zu dolmetschen – und zu lauschen. Bruno erfährt, dass es nicht um die Befreiung des Kongo, um die Schaffung einer Demokratie geht, sondern erneut um Macht und Geld. Gegen jedes 'comme il faut' beginnt er sich einzumischen, beflügelt von seiner Liebe zur kongolesischen Krankenschwester Hannah, für die er gerne die Ehe zur Society-Lady und Journalistin Penelope hinter sich lässt. Bruno, schon allein durch seine Herkunft (der Vater irischer Missionar, die Mutter Afrikanerin) dem 'Gutsein' verfallen, mag zwar durch seine Naivität bestechen, die 'global players' beeindruckt das aber wenig.

Als Thriller, als Action-Roman, lässt das Buch viel zu wünschen übrig. Da passiert nichts und nichts und nichts, dann hebt es kurz ab, dann verliert es sich wieder. (Erstaunlich, wie oft das bei dem relativ geringen Umfang möglich ist.) Aber als Charakterstudie (nicht nur Brunos) ist es ein ausgezeichnetes Werk. LeCarr versteht es, seine Figuren (nicht bei allen nimmt er sich die gleiche Mühe) differenziert zu zeichnen, nicht zuletzt deswegen, weil er einfach ein professioneller und immer noch wortgewaltiger Autor ist. All jene, die seine Karriere als gewissenhafte Leser/innen verfolgt habe, werden natürlich auch dieses Buch zu schätzen wissen. Als Einstieg in die neuere Welt leCarrs greift man aber doch besser zu "The Constant Gardener" – da blüht einfach mehr.

London: Hodder&Stoughton 2006

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.03.2007
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/the-mission-song.html
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